Weg-Wort vom 10. Mai 2010
Auch das geht vorüber!
Wir möchten das, was uns lieb und teuer geworden ist, gerne für immer
festhalten. Was für uns aber unangenehm und schmerzhaft ist, versuchen wir,
so schnell als möglich loszuwerden.
So erging es einem mächtigen König, der sein Land viele Jahre mit Weitsicht
und kluger Hand regierte und damit seinem Volk und sich selber viel Glück
und Zufriedenheit bescherte. Doch eines Tages erfasste ihn eine grosse
Unruhe, die ihn nicht mehr losliess. Aus Angst, die Kontrolle über sein
Reich zu verlieren, fragte er die Gelehrten und Weisen seines Landes um Rat.
Doch die antworteten ihm nach langem Überlegen nur: Auch das geht vorüber!
Wegen Fussbeschwerden musste ich mich in den letzten Monaten auf das
notwendige Gehen beschränken. Als Bewegungsmensch hatte ich meine liebe Mühe
damit. Je weniger ich mich äusserlich bewegen konnte, desto häufiger wurde
ich ungeduldig, ja ärgerlich auch und spürte zudem eine innere Unruhe in
mir.
Der Gedanke, dass auch das vorüber geht, tröstete mich manchmal. Er half
mir, loszulassen von der fixen Idee, so schnell als möglich wieder
unbeschwert gehen zu können. Ja, er verhalf mir sogar, mich mit meiner
Ungeduld und der inneren Unruhe anzufreunden. Manchmal gelang es mir, ganz
mit ihnen zu sein. Dann verschwanden sie jeweils nach kurzer Zeit. Zurück
blieben die Gewissheit und das Vertrauen, dass ich auch das Unangenehme in
meinem Leben annehmen und mit ihm sein kann.
Als ich wieder fast unbeschwert gehen konnte, war die Freude riesengross.
Der Gedanke, dass auch das jederzeit wieder vorbei sein kann, liess mich
ganz mit der Freude sein und das momentane Glück noch intensiver geniessen.
Im geschäftigen Alltag entschwanden aber auch sie langsam wieder. Zurück
blieb die Gewissheit:
Kein Glück, kein Ärger, kein Schmerz, kein Leid und keine Freude dauern
ewig. Alles geht vorüber! Darum: Leben wir den Augenblick! Nehmen wir
vermehrt das an, was ansteht! Leben wir ganz mit dem, was gerade da ist
sei es Trauer oder Freude, Unmut oder Unbeschwertheit, Licht oder Schatten,
Arbeit oder Freizeit, Lust oder Unlust
Denn immer heute ist der bedeutendste Tag in meinem Leben, immer jetzt ist
die wichtigste Stunde, der entscheidende Augenblick. Und auch der geht
vorüber.
Wir wünschen Ihnen einen guten und gesegneten Tag!
Die Seelsorgenden der Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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