Das Weg-Wort - Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich!
Weg-Wort vom 19. Juni 2019
Schüchtern
2017 war das Jubiläumsjahr "500 Jahre Reformation". Es wurde an die 95 Thesen,
die Martin Luther 1571 an die Türen der Schlosskirche in Wittenberg geschlagen haben soll,
erinnert. Seither steht bei mir in der Küche ein Postkartenkalender mit Sprüchen, die dem
Reformator zugeschrieben werden. Von Zeit zu Zeit wende ich eine Karte um und lasse einen
neuen Spruch auf mich wirken. Im Moment steht da der Spruch: "Wir sollen unsere
Kinder so erziehen, dass sie nicht schüchtern werden." So eine
So eine Aussage könnte ohne weiteres von einem modernen Erziehungspsychologen stammen.
Aber der Spruch ist 500 Jahre alt!
Was hat wohl Martin Luther damit gemeint?
Zu Luthers Zeit übte die kirchliche Obrigkeit fast uneingeschränkte moralische und
physische Macht aus; die katholische Kirche war die moralische Instanz schlechthin, und
mit der Angstmacherei vor der ewigen Hölle und Verdammnis konnte sie ihre
"Schäfchen" im Zaum halten. Sie erpressten Geld für ihre unglaublichen Bauwerke
und ihren luxuriösen Lebensstil.
Martin Luthers Reformbemühungen richteten sich gegen diese Angstmacherei. Er wurde nicht
müde, die "Freiheit des Christenmenschen" ins Zentrum zu rücken und die
Unterdrückung durch die kirchliche Obrigkeit anzuprangern. 1978 schrieb Bettina Wegner das
Lied "Kinder". Sie hätte sich mit Martin Luther ausgezeichnet verstanden. In
ihrer letzten Strophe singt sie:
"Grade, klare Menschen
wär'n ein schönes Ziel.
Leute ohne Rückgrat
hab'n wir schon zuviel."
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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