Weg-Wort vom 3. mai 2007
Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht. (M.Luther)
Glauben, lange erregte dieses Wort in mir Befremden ja Abneigung. Es war
für mich keine Hilfe beim Suchen nach Gott, denn die Aufforderung einfach zu
glauben, machte mich misstrauisch. Sollte ich da etwas für wahr halten, für
das es sonst keine Erklärung gibt? Bedeutet es, dass man eine fremde Meinung
übernehmen muss um Christ oder Christin zu sein?
So habe ich das Wort vermieden. Noch heute finde es eine Zumutung wenn man
von mir fordert, dass dies oder jenes zu glauben sei. Gleichzeitig aber
ärgert es mich, wenn man eines meiner Argumente mit den Worten entkräftet,
das glaube ich nicht. So wollte ich für mich klären, was man unter dem
Wort glauben verstehen kann.
Zu glauben ist mehr als etwas für wahr halten oder eben nicht. Ein berufener
Mann sagte dazu: Glauben ist eine Grundentscheidung die jeder und jede für
sich fällen muss. Es geht darum, ja zu sagen zum Gedanken, dass Gott da
ist. Ja sagen, entgegen allen ratio-nalen Überlegungen und obwohl damit die
Zweifel nicht einfach verschwinden.
Da erinnere ich mich an einen Mann, dem ich in der Seelsorge begegnete. Er
sagte zu mir, dass er gerne bereit sei zu glauben, wenn er einen Beweis
erhalte, das es einen Gott gebe. Nun, da musste ich ihn enttäuschen, denn
einen solchen Beweis kann keiner anfüh-ren. Bedingungen zu stellen, um zu
glauben, führt darum nicht weiter.
Das ist der Haken mit dem Glauben: Gott wird uns nur dann zur Gewissheit,
wenn wir ihm in unserm Leben Raum anbieten, wenn wir ihn zum Teil unseres
Lebens machen. Das wird Gott, wenn wir nach ihm suchen. Zum Beispiel, indem
wir uns einüben zu leben, als ob er da sei. Gott begegnet uns in einer
Blume, einem Berg, durch ein Insekt, überall wo wir die Augen öffnen und die
Schönheit seiner Schöpfung wahrnehmen. Wenn wir uns davon berühren lassen,
staunen und Gott dafür danken, ist er ganz nah.
Lassen wir uns ergreifen, so vertieft sich die Beziehung zu Gott. Und je
mehr die Bezie-hung zu ihm wächst, desto gewisser wird er für uns. Die
Gewissheit, das Gott da ist, gibt uns den Boden, auf dem unser Lebenshaus
sicher steht. Dann können wir glauben und mit den Zweifeln leben. Als Christ
oder Christin glauben heisst dann, sich dem Sinn Gott anzuvertrauen, der
mich und die Welt trägt.
Übersetzt heisst unser Eingangswort: ohne Vertrauen auf Gott gibt es keinen
Halt im Leben.
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Hauptbahnhof Zürich
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Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann
In Teilzeit: Sr. Anna Affolter, Sr. Zoe Maria Isenring, Susanne Wey
Evangelisch-reformierte und Römisch-katholische Kirche