Weg-Wort vom 4. Oktober 2010
Zuversicht
Der Alkohol hatte viel Leid in ihre Familie gebracht. Ihr Leben lang hatte
sie darunter gelitten und dagegen angekämpft mit geringem Erfolg. Ohne
Gebet hätte sie es nicht ausgehalten. Das gab ihr immer wieder Kraft und Mut
dranzubleiben. Und alles zu tun, damit wenigstens die nächste Generation von
diesem Übel verschont bleibt. Nun aber hat sie erfahren, dass ihr
fünfzehnjähriger Neffe regelmässig Alkohol trinkt. Sie ist in grosser Angst
und Sorge um ihn und weiss nicht mehr weiter. Dennoch will sie nicht
aufgeben, denn ihre Zuversicht die hat sie trotz allem nicht verloren.
Wie nur kann ein Mensch bei so viel Leid und Hoffnungslosigkeit über Jahre
hinweg die Zuversicht bewahren!? Von dieser Frau habe ich gelernt, wie man
sich gleichzeitig für unentbehrlich und entbehrlich halten kann und gerade
darin eine Quelle der Zuversicht findet:
Sie hält es für unentbehrlich, dass sie ihr Leben, ihre Arbeit und ihre
Liebe dem Wohl der Familie zuwendet. Sie kann nicht anders. Das gehört zu
ihr.
Zugleich aber hält sie sich für entbehrlich. Sie weiss, dass sie nicht
allein ist. Dass es nicht nur auf sie ankommt. Dass viele andere sich auch
um ihre Familie kümmern. Mit ihnen teilt sie ihre Sorgen und Ängste wie auch
ihr Engagement und ihre Zuversicht.
Unser Lebensmut hängt auch davon ab, ob wir ihn uns gegenseitig mit-teilen.
Wenn wir uns mit anderen zusammenschliessen, erfahren wir uns gestützt,
korrigiert und getragen von der Kraft aller. Unsere Zuversicht wächst, wenn
wir sie in Worten und Taten mit anderen teilen.
Zur Zuversicht gehört auch die Langfristigkeit: Wenn wir uns in die
Tradition jener stellen, die sich zum Beispiel schon vor uns für
Gerechtigkeit und Frieden auf der Welt eingesetzt haben, und jener, die es
nach uns tun werden.
Die Zuversicht der Christen gründet ausserdem im Glauben an die
unverbrüchliche Treue und Verlässlichkeit Gottes. Sie weiss, dass diese Welt
und wir selbst in Gottes Hand sind. Dass eine gute Macht unsere Geschicke
lenkt und leitet, die stärker ist als alle Mächte und Gewalten dieser Welt.
Gesegnet ist, wer sich auf Gott verlässt und dessen Zuversicht er ist.
(Jer 17,7)
Wir wünschen Ihnen einen guten und gesegneten Tag!
Die Seelsorgenden der Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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