Weg-Wort vom 7. Juni 2011
Vertrauen in Unvollkommene
Eine Umfrage hat es wieder gezeigt: Das Vertrauen in Priester und Pfarrer ist um 12%
gefallen. Am meisten vertrauen wir Piloten, Ärzten, Krankenschwestern. Ja, sogar
Taxifahrer, ich habe nichts gegen sie, geniessen mehr Vertrauen als die Vertreter der
Kirche!
Das färbt natürlich negativ an auf Kirchen und Kirchgemeinden und Pfarreien. Eine darob
besorgte Frau ist bei mir im Gespräch und fragt: "Kennen Sie denn keine vollkommene
Gemeinde? Ich würde so gern dort Mitglied werden."
"Doch, ich kann mir eine solche Gemeinde vorstellen, aber da wird es ein Problem
geben."
"Ich verstehe nicht, was Sie meinen", sagt die Frau. "Eine vollkommene
Gemeinde kann doch kein Problem haben."
"Oh doch", sage ich, "wenn Sie und ich dort Mitglied werden, ist die
Gemeinde nicht mehr vollkommen!"
Wir sind nicht vollkommen. Es "menschelt" überall und ganz besonders dort, wo
der Mensch, Gottes Kind, im Zentrum sein sollte. Wir können nur Vorletztes schaffen. Das
Letzte, das Vollkommene ist allein Gottes Werk.
Und natürlich vertraue ich einem Piloten. Es bleibt mit im Flugzeug auch gar nichts
anderes übrig. Und natürlich vertraue ich dem Arzt, der Krankenschwester, wenn ich im
Spital ihre Hilfe brauche. Eine andere Möglichkeit habe ich nicht. Und natürlich vertraue
ich dem Taxifahrer, wenn ich in seinem Auto sitze. Und ich lebe davon, dass alle diese
Menschen mein Vertrauen nicht missbrauchen. Aber würde ich mit ihnen meine Leben, meine
Probleme besprechen? Vielleicht wenn ich mit ihnen freundschaftlich verbunden bin und sie
dafür Zeit haben.
Gerade weil wir nicht vollkommen sind und nur Vorletztes schaffen und erreichen können,
bin ich auf mein Gefühl von Vertrauen in andere Unvollkommene angewiesen.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
© Ökumenische Bahnhofkirche im Hauptbahnhof Zürich
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