Weg-Wort vom 16. August 2012
Wer bin ich?
Diese Frage stellt sich wohl jeder und jede einmal. Berühmt ist das Gedicht
von Dietrich Bonhoeffer, aber auch die Antwort vom Philosophen Richard David
Precht "Wer bin ich - und wenn ja, wie viele".
Wie viele bin ich denn?
Zuhause Ehemann, Vater unserer Kinder, Kollege meiner Frau und wenn ich zur
Arbeit in die Bahnhofkirche gehe, Pfarrer im Dorf hier und gleichzeitig
Seelsorger dort. Ich steige in den Zug, begegne vielen Menschen, auch
Freunden und Gemeindegliedern: Da bin ich Verschiedenes: Freund, Bekannter,
Pfarrer, Benutzer des ÖV, vorher Fussgänger; ein andermal Auto- oder
Velofahrer, Einheimischer da - Tourist und Fremder dort. Beim Arzt Patient,
beim Einkaufen Kunde, vielleicht sogar König - wer weiss. Im Spital liege
ich Allgemein, da bin ich doch auch Mensch und Patient oder nur Nummer,
Inhalt einer Fallpauschale?
Wer bin ich, wenn ich Abhängiger bin, nicht von Drogen, seien es legale oder
illegale, nein von sozialen Institutionen, bin ich da noch wer oder nur eine
Nummer: zu teuer, zu anstrengend? Oder wer bin ich, wenn ich als
Arbeitsloser unterwegs sein muss, als Sans Papier, als Ausgesteuerter ?
Letzthin habe ich jemanden nach seiner Konfession gefragt. Die Antwort war
erschreckend und locker zugleich: Ich bin nichts.
Bin ich eine Summe - von all den Rollen, die ich in meinem Leben spiele?
Welchen Wert habe ich? Wenn ich krank bin, bin ich dann soviel wert, wie
meine Fallpauschale im Spital und was, wenn die überschritten wird? -
Unbezahlbar, würde ich meinen, sind wir Menschen. In der Folge von der Taufe
Jesu im Jordan, sollte auch für uns die Stimme vom Himmel rufen: "Ihr seid
meine geliebten Söhne und Töchter, an Euch habe ich Wohlgefallen."
Wer bin ich? - "Geliebt, geliebt, geliebt!"
Das ist Zuspruch von Wert, Zuspruch von Identität. Gott spricht uns das
schon lange zu, aber begreifen und danach handeln müssen wir selbst.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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