Weg-Wort vom 2. September 2009
Du sollst nicht stehlen!
Mein Partner ist so entsetzlich eifersüchtig, sagte mir vor einigen Tagen
eine junge Frau, dass ich daran ersticke. Ich kann nicht mehr frei atmen.
Ich ertrinke in dieser Eifersucht. Eifersucht macht unfrei, den, der an ihr
leidet, und den, der unter ihr leidet. Wer seine Frau wie ein Stück
Privatbesitz ansieht, behandelt sie auch wie sein übriges Eigentum, mit dem
er tun und lassen zu können glaubt, was er will. Auch wenn er sie damit
langsam ums Leben bringt.
Ein anderer: Wie viel an Lebensfreude und Heiterkeit stehle ich einem
Menschen, den ich kränke oder zu Unrecht tadle, in dessen Herz ich
unberechtigte Zweifel senke, den ich auslache, dem ich eine verdiente
Anerkennung vorenthalte? Und ein dritter: Wie viel Zeit stehle ich einem,
den ich mit Geschwätz aufhalte? Und wie viel Zeit lasse ich mir stehlen,
wenn ich mich von Schwätzern wehrlos in Anspruch nehmen lasse?
Eine Gesellschaft von Dieben sind wir alle. Jeder kann ja aus seinem Erleben
und Erleiden noch weitere solcher Erfahrungen aufzählen. Da geht es nicht um
die Handtasche, nicht um die berühmten silbernen Löffel, nicht um den
Geldklau, die erdichtete Steuererklärung oder den Versicherungsbetrug - hier
geht es ums Leben.
Wie oft habe ich einem meiner Kinder den Mut genommen, sich mir offen
anzuvertrauen. Wie oft jemandem, an dem mir liegt, meine Liebe entzogen und
ihm schwer gemacht, mich liebzuhaben. Du sollst nicht stehlen! Auch kein
Vertrauen, keine Liebe, keine Hoffnungen! Dieses Gebot greift viel weiter
als nur nach unserm Geld. Zwar mischt sich Gott mit ihm auch kräftig in
unsere Geldangelegenheiten ein. Aber er tut das nicht, weil ihm am Geld
liegt, sondern an uns. Nicht unsere Sachen sind ihm heilig, sondern wir. Wie
ihm auch nicht die Sachen der andern heilig sind, sondern die Menschen.
Niemand soll einen andern wie ein Stück Ware, ein Ding behandeln! Und
niemand soll uns so behandeln dürfen! Wer das tut, vergeht sich nicht bloss
an fremdem Eigentum, er vergeht sich an Menschen, an ihrem Leben und ihrer
Freiheit.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
© Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Susanne Wey, Beat Schlauri
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