Weg-Wort vom 2. Oktober 2006
dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden
Zur Zeit Jesu bedeutete Wille das, was ein Mensch grundsätzlich denkt und
fühlt: die gesamte Denkart, die Lebenseinstellung oder Grundhaltung eines
Menschen.
Mit diesem Vers wünschen wir demnach nichts anderes als, dass die
Einstellung, die Haltung des väterlich-mütterlich liebenden Gottes gegenüber
uns Menschen und der Welt auch unsere Grundhaltung, unsere Lebenseinstellung
sei.
Schicksalsschläge wie Leid, Ungerechtigkeit und Unglück auf dieser Welt oder
in meinem persönlichen Leben sind nicht Gottes Wille! Ich muss nicht leiden
und Unrecht ertragen, um Gottes Willen zu erfüllen. Jesus hat niemanden
leidend gemacht, er hat nie einem Menschen etwas Böses zugefügt oder
jemanden irgendein schweres Joch auferlegt. Er hat geheilt, versöhnt und
aufgerichtet, wo er nur konnte. (Reinhard Körner)
In Jesu Haltung und in seinem Verhalten erlebten die Menschen, die ihm
begegneten, ein Angenommensein, ein Beachtet- und Bejahtsein, das sie heilte
und frei machte. Er sah die Kostbarkeit, den inneren Schatz eines jeden, der
ihm begegnete. Er liebte die Menschen, wie sie waren. Darum konnten sie an
den väterlich-mütterlich liebenden Gott glauben, von dem er sprach.
Und dieser Gott kann uns, genauso wie Jesus, kein Leid zufügen oder schwere
Lasten auferlegen. Im Gegenteil: Jesus ist in der Haltung Gottes, mit seinem
Geist gegen jedes Unheil angegangen. Und wo es unausweichlich war, hat er es
in eben dieser Haltung Gottes angenommen.
Denn Gottes Reich ist noch nicht vollendet da. Es ist zwar wie ein Senfkorn
in jedem Menschen grundgelegt (Mt 13,31f). Aber Jesus wusste auch um alles
Unglück und Leid, das uns die unvollkommene Schöpfung immer wieder zufügt.
Er kannte das Unrecht und den Schmerz, die wir unvollkommenen Menschen
einander immer wieder manchmal auch auf schreckliche Art antun.
Gerade deshalb hat er so sehnsuchtsvoll gewünscht und gebetet, dass die
väterlich-mütterlich liebende Haltung Gottes geschehe, wie im Himmel, so auf
Erden. Dass sich Gottes Haltung in unsern Herzen und in dieser leidvollen,
unvollkommenen und der Bosheit der Menschen ausgelieferten Welt ausbreite
und entfalte.
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