Weg-Wort vom 25. Januar 2008
Blickwechsel
In jedem von uns liegt manches im argen. Wir alle haben unsere Schwächen,
unser Versagen und unsere dunkeln, vielleicht sogar hässlichen Seiten in
uns. Es fällt uns in der Regel eher schwer, da genauer hinzuschauen und uns
mit ihnen auseinander zu setzen. Wir verdrängen oder leugnen sie lieber
vor anderen wie auch vor uns selber.
Dass er immer wieder nicht tat, was er sich vorgenommen hatte, nervte den
Mitvierziger. Ja, im Grunde genommen verachtetet er sich deswegen. Aber das
gestand er sich nie ein. Wenn solche Gedanken und Gefühle aufkamen,
verscheuchte er sie sogleich und beschäftigte sich mit etwas anderem.
Sein Lebensgefühl war deshalb jahrelang geprägt von einer unbestimmten
Unzufriedenheit. Immer wieder empfand er ihm unverständliche Schuldgefühle,
und dass er ein schlechter Mensch sei.
Fast täglich erlebe ich Menschen, die es nicht so gut haben mit sich selber.
Die sich wegen Kleinigkeiten schlecht machen. Die ihren Ansprüchen nicht
genügen. Die sich ihre Schwächen und ihr Versagen nicht verzeihen. Die sich
nicht gern haben können, weil sie nicht ganz so sind, wie sie sein möchten.
Manchmal wäre da ein Blickwechsel hilfreich! Indem wir uns mit den Augen
eines Menschen anschauen, von dem wir wissen, dass er es gut mit uns meint,
dass er uns liebt.
Der liebevolle Blick eines wohlwollenden Menschen tut uns gut bis tief in
die Seele hinein. In seinem Blick sind auch unsere Mängel und Schwachpunkte
verständnisvoll miteingeschlossen. Ein solcher Blick kann befreiend und
heilend sein. Vor einem solchen Blick können wir uns vielleicht zeigen, wie
wir wirklich sind.
Vielleicht riskieren wir noch einen zweiten Blickwechsel !?
Indem wir uns immer wieder von neuem den Augen des unendlich liebenden
Gottes öffnen, die alles, was in uns im Dunkel oder im argen liegt, erhellen
und liebend zu heilen vermögen. Die alles Gute in uns und sei es noch so
klein und verborgen erkennen und ihm neue Kraft zu geben vermögen.
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Hauptbahnhof Zürich
Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann
In Teilzeit: Sr. Anna Affolter, Sr. Zoe Maria Isenring, Susanne Wey
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