Weg-Wort vom 3. März 2008
Glaube in einer säkularen Welt
Im Zuge der Aufklärung und der europäischen Moderne wurde das Religiöse
zunehmend aus den öffentlich relevanten Bereichen ins Private verdrängt.
Eine entsakralisierte Welt empfand sich nicht mehr als religiös.
Der biblische Gott aber ist immer schon ein Gott, der seine Differenz, seine
Transzendenz der Welt gegenüber betont und sie so frei gibt, Welt zu sein.
Ihre Heiligkeit besteht vielmehr darin, dass sie als Welt als endliche,
unvollkommene und fehlerhafte von Gott bejaht und geliebt wird.
Als je eigenständige Partner können sich die säkulare Gesellschaft und die
Religion leichter gemeinsam verbünden, wenn es darum geht, die Würde des
Menschen zu achten und der Welt eine humane Zukunft zu sichern.
Heute wird vielerorts von einer Wiederkehr der Religion gesprochen. Eine
internationale Studie bezeichnet zum Beispiel 80 Prozent der Schweizerinnen
und Schweizer als religiös. 77 Prozent beten regelmässig, 34 Prozent
täglich. 92 Prozent von ihnen finden, dass jede Religion einen wahren Kern
habe, und dass man allen Religionen gegenüber offen sein soll.
Diese Studie steht allerdings im Widerspruch zur Aussage des Papstes, der
die westliche Christenheit in einer Glaubenskrise wähnt. Vielleicht aber ist
weniger von einer Krise des Glaubens als eher der Institution auszugehen.
Darauf mag hindeuten, dass nur 11 Prozent der Befragten wöchentlich einen
Gottesdienst besuchen.
Der Profet Jeremias (31,33) lässt Gott zu seinem neuen Bund mit den Menschen
sagen: Ich werde ihnen mein Gesetz nicht auf Steintafeln, sondern in Herz
und Gewissen schreiben. Die religiösen Menschen von heute sind mündiger und
eigenständiger geworden. Die Verantwortlichen der Kirchen tun gut daran,
dies ernst zu nehmen und gemeinsam mit den Menschen den Weg des Glaubens zu
gehen.
Denn nach dem Theologen Dietmar Bader sind religiöse Menschen oft Menschen,
die einen Sinn haben für das, was nicht sofort ins Auge springt, die hinter
die Fassaden schauen, die offen sind für die Kostbarkeit und
Zerbrechlichkeit des Lebens, die ein Gespür haben für die Auswirkungen, für
die Folgen dessen, was augenblicklich geschieht, die eine Vorliebe gerade
für die Menschen haben, die sich in irgendeiner Weise schwer tun.
Und es sind oft Menschen, die erfahren haben, dass ihr Glaube sie trägt, in
schweren wie in guten Tagen, die darauf vertrauen, dass Gott mit ihnen ist,
was immer geschieht.
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Hauptbahnhof Zürich
Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann
In Teilzeit: Sr. Anna Affolter, Sr. Zoe Maria Isenring, Susanne Wey
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