Weg-Wort vom 10. November 2010
Wir brauchen Mut!
Das sagte er mir zuerst: Das hätte ich nie gedacht, dass ich einmal das
Gespräch mit einem Seelsorger suche! Dann fährt er weiter: Wissen Sie, ich
habe immer gemeint, dass ich stark genug bin. Ich brauche keine anderen
Menschen. Und ich war darauf stolz! Aber jetzt merke ich, dass es meine
Angst ist, meine Angst, jemand könnte meine Fehler sehen!
Ich verstehe ihn gut, nicht nur weil auch ich ein Mann bin. Nein! Was er
fühlt, fühlen viele unter uns. Wenn wir nicht mehr allein sein wollen, wenn
wir mit anderen Menschen in Kontakt kommen wollen, müssen wir uns aufmachen.
Und wer sich aufmacht, muss auch damit rechnen, dass er verletzt werden
kann.
Der Mann im Gespräch weint. Er ist furchtbar einsam, weil ihm der Mut fehlt,
sich auf zu machen. Er hat riesige Angst vor Ablehnung und anderen möglichen
Verletzungen.
Dann einigen wir uns darauf, dass es ein Leben light nicht gibt. Ich
frage ihn nach dem, was ihm Halt geben könnte, was ihn mutig machen könnte.
Er glaubt und hofft, dass es der Glaube sein kann. Aber er hat bis jetzt
fast keine Erfahrungen damit gemacht. Zu sehr hat er sich geschämt für diese
Pflanze Glaube in ihm.
Aber genau dieser Glaube hat ihn in die Seelsorge geführt. Ist er da
verletzt worden? Nein, meint er, im Gegenteil, es tue ihm gut, dass er sich
hier ganz auftun kann und nichts zu fürchten habe. Ich lade ihn zu einem
kurzen Gebet ein:
Guter Gott!
Hilf mir, mich anderen gegenüber zu öffnen.
Ich weiss, dass ich verletzt werden könnte.
Gib mir Mut, es trotzdem immer wieder zu versuchen. Amen.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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