Weg-Wort vom 14. Mai 2013
Soviel Du brauchst
Unter diesem Titel hat das Organisationskomitee zum 34. evangelischen
Deutschen Kirchentag nach Hamburg eingeladen. Wir konnten daran teilnehmen
und haben einen überaus sonnigen mit einer milden Meerbrise versetzten
Kirchentag erlebt. Ein besonderes Gefühl kommt da hoch, wenn inmitten eines
Grossstadtparks über 100'000 Menschen miteinander Gottesdienst und Abendmahl
feiern. Für mich das Besondere daran war, dass der Gottesdienst bewegt hat,
obwohl er nüchtern durchgeführt und keineswegs auf die Tränendrüsen gedrückt
hat: Nüchtern, gut und bewegend und das ohne irgendwelche Eskalation oder
Ohnmachtsanfälle von Menschen in Trance einfach mit der Frage oder
Aussage: So viel du brauchst.
Wie viel brauche ich? Wissen wir das so genau? Oder tauchen wir einfach ein
in den Mainstream des Konsums, oder bewegen wir uns in einem der
entsprechenden Zuflüsse. Von Mahatma Gandhi habe ich einmal gehört, dass er
nach einem Besuch der Bahnhofstrasse, gesagt habe: Da hat es so viel, was
ich nicht brauche. Seine Art auf Unnötiges verzichten zu können, war eine
besondere. Sie ist nicht jedem Menschen zuzumuten.
Was aber uns allen zuzumuten ist und auch zuzutrauen, dass wir uns ernsthaft
fragen, was wir brauchen, um unser Leben menschenwürdig gestalten zu können.
Vielleicht wagen wir uns dann auch an die Frage, was mein Nächster brauchen
könnte.
Und um das Ganze noch ein wenig spannender zu gestalten: Wir könnten uns mit
der Frage beschäftigen, wann denn das, was ich brauche mit dem kollidiert,
was der andere oder die andern brauchen.
Als konkretes Beispiel können durchaus die prekären Arbeitsplatzverhältnisse
in der Textilindustrie von Bangladesh dienen oder auch der Monatslohn der
Näherinnen von 40 Dollar. Wir unterstützen diese Verhältnisse, wenn wir für
uns günstige Kleider aus diesem Land kaufen. Ist das so viel sie brauchen? -
Ist es das, was wir letztlich brauchen? Brauche ich das wirklich?
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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