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Das Weg-Wort - Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich!
Weg-Wort vom 8. Mai 2014
Feindbilder
Haben Sie Feinde, die Sie kennen? Oder haben Sie Feinde, von denen Sie gar nichts wissen?
Oder haben Sie solche Freunde, dass Sie gar keine Feinde mehr brauchen? Ich wünsche Ihnen
und mir, dass nichts davon in dieser Klarheit und Härte zutrifft. Was wir aber beide haben
- Sie und ich - das sind Feindbilder. Sie können immer noch sagen, für mich stimmt das
nicht. Ich kann das schon weniger. Ich muss mir wohl eingestehen, dass ich sowohl Feinde
habe als auch Feindbilder, auch wenn mir das sehr schwer fällt. Aber all die Menschen, die
mich beim Jäten begleiten, wenn ich den Löwenzahn ausreisse, die sind da in meinen
Gedanken, in meinen Gefühlen.
Ich könnte mir vorstellen, dass die Leute, an die ich beim Jäten denke, sehr erstaunt
darüber wären und verwundert, wenn sie ahnen würden, wann und wie ich an sie denke: "
Was, ich habe Dir doch nie etwas getan!" - Eine Unschuldsbeteuerung, wie wir sie oft
beim Fussball auch nach gröbstem Foul zu sehen bekommen: "Ich doch nicht!" - Ich
frage mich, wie sehr wir darauf trainiert sind, unsere Wut und Aggressionen zu
unterdrücken, weil es sich nicht gehört, einem Feind zu sein. Da kommt mir Franz Hohler in
den Sinn mit seinem " Es sii ja alli so nätt."
Aber sie sind eben trotzdem da, die Gefühle der Verletzung, der Hilflosigkeit, der Wut.
Melden die sich einfach nur in unseren Köpfen, können wir ja Jäten gehen. Was aber, wenn
das nicht ausreicht? Dürfen wir da die Psalmen zu Hilfe nehmen, zB hier einen Ausschnitt
aus Psalm 3:
"Ewiger, wie zahlreich sind meine Feinde, viele sind es, die gegen mich aufstehen,
viele, die von mir sagen: Er hat keine Hilfe bei Gott.
Du aber, Ewiger, bist mir Schild, bist meine Ehre … Ich fürchte mich nicht vor vielen
tausend Kriegern, die ringsum mich belagern. Steh auf, Ewiger, hilf mir, mein Gott. Allen
meinen Feinden hast du das Kinn zerschmettert, die Zähne der Frevler hast du
zerschlagen." Und bevor wir handgreiflich werden, könnten wir lernen, so mit uns und
den andern umzugehen wie es von Moischele überliefert wird. Im Schützengraben liegend, das
Gewehr im Anschlag, wird auch ihm befohlen zu schiessen, sobald sich "unsere
Feinde" zeigen. "Herr General", fragt Moischele scheu, "zeigen Sie mir
doch meinen Feind, vielleicht kann ich mich gütlich mit ihm einigen."
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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