Weg-Wort vom 26. September 2013
Glaube
Es ist manchmal gar nicht so einfach mit dem Glauben. So vielfältig: Ein Weg
auf der Suche nach der Wasserquelle unter brennender Sonne und durch
zerklüftetes Gebiet. Ein Rasten an der Quelle, Liegen im Schatten der Bäume
und Einatmen den Duft jungen Grases. Ein Schreien um Hilfe in Not und
dankbares Annehmen. Ein Einatmen der Luft, sie ist einfach da und wir füllen
unsere Lungen und ernten Leben, geben zurück, was wir nicht brauchen, atmen
aus und wieder ein: Glauben. Schöpfen und Erhalten des Lebens in jedem
Atemzug, unbewusst, gar selbstverständlich, unerlässlich: Ist das Glauben?
Manchmal ist unser Glaube eingefangen im ruhigen Atmen, manchmal in der
verzweifelten Suche nach Halt. Manchmal in Worten, die wir Bekenntnis
nennen, und manchmal im Stammeln einer verletzten Seele. Wo beginnt er und
wo hört er auf? Wo flieht er vor mir und lässt mich allein und wo verfolgt
er mich hartnäckig und pausenlos?
Glaube - Aufstehen nach dem Fall, nicht aufgeben, widerständig sein und
bleiben.
Er ist ein wunderliches Ding. Er füllt mich aus und macht mich selig und
kaum möchte ich ihn behalten, entwischt er mir, löst sich auf in Luft, die
ich so einfach einatme. Er ist in mir drin vom Scheitel bis zur Sohle und
ich merke es nicht einmal. Ich suche ihn draussen, der mir entwischt ist und
weine ihm nach wie dem Sand der zwischen den Fingern zerrinnt.
Wer bist du, mein Glaube? Bei jedem Atemzug erhältst Du mich am Leben und
ich kann Dich trotzdem nicht fassen. Atme ich Dich ein bis zu innerst in
meine Seele? Atme ich dich ein, damit ich dich wieder loslassen muss um dich
erneut im nächsten Atemzug in mich hinein zu holen. Wenn Du das bist, dann
bleibe so bei mir, einen Atemzug lang und einen nächsten, dass ich Dich
immer wieder loslasse. Denn wollte ich Dich behalten, bekäme ich keine Luft
mehr und müsste sterben.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
© Ökumenische Bahnhofkirche im Hauptbahnhof Zürich
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