Weg-Wort vom 17. März 2008
Von der Unbegreiflichkeit des Leidens
Die Karwoche von Palmsonntag über Karfreitag bis Ostern öffnet
hinsichtlich des Leidens und Sterbens Jesu auch den Blick für das
menschliche Leid und für die Unbegreiflichkeit des Leidens überhaupt.
Das Kreuz Jesu ist und bleibt ein profetisch-kritisches Mahnmal für unsere
Welt. Trotz des gesellschaftlichen Drucks nach Glück und Spass, nach Erfolg
und Reichtum können wir uns nicht einfach an der Realität der menschlichen
Not, von Krankheit, Schmerz und Tod vorbeimogeln.
Das Kreuz beunruhigt, polarisiert und fordert heraus, weil es uns immer
wieder in Erinnerung ruft, dass kein Himmel auf Erden machbar ist, dass wir
uns dem Elend und der Ungerechtigkeit in der Welt, dem Leiden und Schmerz
stellen müssen. Es verweist uns darauf, das Machbare zu tun, das
Nicht-Machbare aber anzunehmen und auszuhalten.
Nach Martin Luther King gibt uns der Glaube weder die Illusion, wir könnten
von Leid und Schmerzen ausgenommen werden, noch lässt er uns annehmen, das
Leben sei ein Schauspiel ohne dramatische Augenblicke und Verwicklungen.
Vielmehr wappnet er uns mit der inneren Ausgeglichenheit, die wir brauchen,
um den unvermeidlichen Spannungen, Lasten und Ängsten entgegenzutreten.
Auf eindrückliche Weise stellt sich Gabriele Berz der Unbegreiflichkeit des
Leidens in einem Gebet aus der diesjährigen Fastenagenda von Brot für
alle/Fastenopfer:
Die Erde die dürre geschunden verdorrt
fruchtlos schreit sie zum Himmel
Das Elend der Kinder hungrig und krank
hilflos schreit es zum Himmel
Das Leiden der Mütter klagend und stumm
wortlos schreit es zum Himmel
Die Hoffnung auf Gerechtigkeit die Sehnsucht nach Frieden
endlos schrein sie zum Himmel
Und Gott im Himmel schweigt
Unbegreiflicher dunkel verborgen
wenn es dich gibt Gott
schenk mir dein Ohr
gib mir dein Wort
zeig mir dein Gesicht und
wenn das schon zuviel ist
dann gib mir nur dies:
nicht müde zu werden
dein Schweigen zu ertragen und dennoch
zu glauben zu hoffen zu handeln
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Hauptbahnhof Zürich
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