Das Weg-Wort - Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich
Weg-Wort vom 16. März 2021
Wie einen eine Mutter tröstet
Seit einem Jahr ist Abstand das Gebot der Stunde. Abstand, ist der neue Ausdruck von Nähe
und Fürsorge - auch wenn das ein Paradox ist.
Seitdem habe ich keine Hände mehr geschüttelt, niemanden ausserhalb der Familie umarmt,
keine drei Küsschen links und rechts der Wangen in die Luft gehaucht. Die maximale
Berührung ist der Ellbogengruss geworden.
Doch schon vor Corona gab es Anstandsabstandsgrenzen. Fremde Menschen lässt man hier nur
zögerlich an sich heran.
Eine israelische Krankenschwester hat in der vergangenen Woche etliche Abstandsgrenzen
durchbrochen, indem sie die grösstmögliche Nähe zu einem fremden Kind hergestellt hat. Sie
hat das vier Monate alte Baby einer schwer verletzten Palästinenserin gestillt. Das Baby
war völlig verzweifelt, hungrig und durstig. Es wusste mit einem Fläschchen nichts
anzufangen. Die Krankenschwester, die selbst ein einjähriges Kind stillt, hat das Baby mit
Erlaubnis seiner Verwandtschaft an ihre Brust gelegt.
Für ein Baby bedeutet das Stillen Nahrung, Trost, Nähe und Geborgenheit. Einer stillenden
Frau schiesst übrigens Milch in die Brust, wenn sie ein hungriges Baby schreien hört -
auch ein fremdes - so sehr ist sie Mutter. Als Mutter hat die Israelin diese grosse Nähe
hergestellt und zugelassen.
In der Zeit des Abstandhaltens hilft mir die Israelin unser erstaunliches Gottesbild noch
besser zu verstehen: «Ich will Euch trösten, wie einen eine Mutter tröstet». Eine richtige
Mutter tröstet alle Kinder, die Trost brauchen.
Danke, Krankenschwester und Mutter in Israel!
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