Weg-Wort vom 4. Februar 2010
Klopfen Sie an!
Noch ganz frisch in dieser Arbeit bei der Bahnhofkirche passieren mir
Fehler. Und einer ist mir schon zweimal passiert. Ich war jedes Mal der
Meinung, ich hätte die Türe der Kirche exakt um 06.45 Uhr geöffnet gehabt,
aber sie war zu und das habe ich erst bemerkt, als eine Frau an die Scheibe
geklopft hat es war zu meiner Schande schon Fünf vor Sieben. Erschrocken
bin ich, als mir zwei Tage später das Gleiche passierte. Ich entschuldigte
mich und stiess auf freundliches Verständnis: Schon gut das kann
passieren..
Es gibt für mich dazu zwei Stellen im zweiten Testament, die ich zusam¬men
anschauen möchte: Da ist einmal dieser bekannte Satz: Klopft an, und euch
wird aufgetan. (Lukas 11,9) - Die zweite Stelle beleuchtet für mich diesen
Satz, in der Art, dass beim Anklopfen auch eine gewisse Hartnäckigkeit
vonnöten ist. Eine Witwe fordert beim Richter ihr Recht ein, was ihn aber
überhaupt nicht kratzt. Sie hört nicht auf, ihn auf seine Pflicht
anzusprechen, bis er endlich genug hat, keinen öffentlichen Auftritt
riskieren will und ihr endlich zu ihrem Recht verhilft. Klopft an und euch
wird aufgetan aber bleibt hartnäckig. Jesus braucht das Gleichnis (Lk
18,1-8), um seinen Jüngern zu sagen: Gott handelt schneller. Und das ist gut
so.
Er sagt uns aber auch, dass sich die Mächtigen, wenn sie weder Gott noch den
Teufel fürchten, oft erst dann bewegen, wenn es mit ihrer Gemütlichkeit aus
ist. Erst, wenn die Störaktionen so lästig werden, dass es einfacher ist,
sich um Recht und Gerechtigkeit zu kümmern, erst dann beginnen die Mühlen zu
mahlen.
Tief erschüttert haben uns in den letzten Wochen die Bilder und Nachrichten
aus Haïti, und die Bereitschaft zu helfen ist gross, und das tut wirklich
gut aber wo waren die guten Seelen vor dem Erdbeben? Haben da nicht andere
Regeln gegolten. Die Armut war schon vorher gross, aber es hat nicht
gekümmert. Schauen wir nach Afrika: Wen kümmert der dortige Ausverkauf des
Landes? Wen kümmert die Ankündigung von Inselstaaten im Pazifik, dass sie,
bei weiterem Ansteigen des Meeresspiegels, untergehen werden. Wen kümmert es
dort, wo die Eigeninteressen grösser sind als das Gesamtwohl der Menschheit.
Die arme Witwe hat es vorgemacht: Stören, stürmen, gewaltlos, aber energisch
und nicht aufgeben, bis sich die Herren der Schöpfung bewegen, weil wir
ihnen lästig geworden sind.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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