Weg-Wort vom 10. Juli 2008
Zuhören
Die kleine Momo ist ein kluges Kind. In der Geschichte von Michael Ende
wundern sich alle darüber, woher das kleine Mädchen seine Weisheit nimmt.
Doch viele Menschen suchten ihren Rat und waren begeistert von ihr. Das
kleine Mädchen hatte eine ganz besondere Begabung. Es konnte zuhören.
Weil Momo so still und teilnehmend zuhörte und keinen beim Erzählen
unterbrach, konnten die Ratsuchenden ihre eigenen Worte hören.
Wer sein Problem in Worte fasst und hört, findet meist selbst eine Antwort.
Und das ist der weiseste Rat den man bekommen kann. Dieser Hinweis aus der
Tiefe der Seele, das Aha, motiviert. Er ist der Schlüssel, der neue Türen
öffnet ein Wegweiser, der uns auf begehbare Pfade führt.
Wie schnell weiss man, ausserhalb stehend, wie das Problem des Andern gelöst
werden könnte. Er müsste nur mit dem Rauchen aufhören; sie sollte sich mehr
bewegen; dann ginge es ihr besser! Man soll das Leben selbst in die Hand
nehmen; sich nichts bieten lassen. Die guten Ratschläge sind schnell zur
Hand.
Nur weshalb bewirken sie nichts? Warum verändert der Ratsuchende nichts in
dieser Richtung?
Ratschläge seien Schläge! Damit werde etwas zurechtgehämmert, was so nicht
sein darf, las ich in einem klugen Buch.
Es fällt oft schwer, sich zurückzunehmen, wenn man meint zu verstehen, warum
das Gegenüber in Schwierigkeiten steckt. Die Lösung, die wir dafür
anzubieten haben, die stimmt sehr wohl für uns, aber selten für die
Ratsuchenden. Diese erhalten von der stillen Momo viel einleuchtendere
Tipps.
Die besten Antworten auf unsere Lebensfragen hat unsere Seele. Sie ist
unsere Verbindung zu Gottes Ratschluss und weiss sehr genau, wohin er uns
führen will. Wir müssen nur still werden um sie - um uns selbst - zu hören.
© Bahnhofkirche
Hauptbahnhof Zürich
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Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann
In Teilzeit: Sr. Anna Affolter, Sr. Zoe Maria Isenring, Susanne Wey
Evangelisch-reformierte und Römisch-katholische Kirche