Weg-Wort vom 1. März 2010
Every body is perfect
Schaue ich morgens in den Spiegel, sehe ich mich nicht jedes Mal gleich,
denn ich sehe nicht jeden Morgen gleich aus. Bin ich die Nacht vorher viel
zu spät ins Bett gekommen, zeigen sich mir tief geränderte Augen und
Tränensäcke. Habe ich schlecht geschlafen, hängen die Mundwinkel herab und
mein Spiegelbild sieht mürrisch aus. Okay, das ist von Fall zu Fall
verschieden und gibt sich normalerweise von selbst wieder.
Ich erinnere mich allerdings noch gut, wie ich als Teenager oft vor dem
Spiegel stand, meine Nase etwas zurück und nach unten drückte und mich
verzweifelt fragte, wie ich zu der ersehnten Stupsnase kommen könnte.
Hildegard Knef hatte sich in den sechziger Jahren in mehreren Operationen
eine solche machen lassen. Ich wollte auch eine haben.
2007 gaben Schweizerinnen und Schweizer 700 Millionen Franken für
Schönheits-operationen aus. Ob Haut, Nase, Mund, Hals, Brust, Po oder Bauch
Botox und Silikon kommen an allen Stellen zum Einsatz, wo Frau oder Mann
es wünscht.
Was steckt dahinter? Schön sein um jeden Preis? Und überhaupt: Wie lässt
sich Schönheit definieren?
Wer zufrieden ist, hat eine positive Ausstrahlung. Und die macht schön.
Daraus schliesse ich, dass offenbar immer mehr Menschen unzufrieden sind,
sonst würde das Geschäft mit der plastischen Chirurgie nicht derart boomen.
Ist es aber ein
Grund, sich gleich unters Messer zu legen? Selbstsicherheit, Sexappeal,
Erfolg und Happiness durchs Skalpell? Ich zweifle daran.
Für mich ist sowieso die Frage drängender, was uns immer unzufriedener sein
lässt. Weshalb wir Mühe haben, uns so anzunehmen wie wir sind. Warum uns ein
wenig Speck um Bauch und Hüften und ein paar Falten im Gesicht so zu
schaffen machen können. Ich meine, die eigentliche Krise beginnt schon
vorher. In einer
Gesellschaft, in der Attraktivität zum Must have geworden ist, fällt es
immer schwerer, an unseren Selbst-Wert zu glauben, den wir von Geburt an
haben und der weder an Leistung noch an ein bestimmtes Aussehen geknüpft ist
noch an sonst eine Bedingung. Wir sind keine Abziehbilder, sondern Gottes
Ebenbild.
Gott schuf den Menschen nach seinem Bild, er schuf Mann und Frau (Gen
1,27)
Das verleiht uns eine Attraktivität, die nicht zu toppen ist.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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