Weg-Wort vom 23. Oktober 2007
Zuspruch nicht Gebot
Ge- und Verbote sind nicht jedermanns Sache. Die meisten Menschen lassen
sich nicht gern etwas vorschreiben. Deshalb tun sich manche auch mit den
biblischen Geboten eher schwer.
Gebote in der Bibel aber sind keine Befehle. Sie sind vielmehr als Bitten,
als Einladung, Ermutigung oder Zuspruch zu verstehen. Sie haben stets einen
personalen Bezug, d.h. sie sind eine Zuwendung von einer Person zu einer
anderen, wie zum Beispiel: Ich bin der, der euch aus Ägypten geführt hat,
um euer Gott zu sein. Ihr sollt heilig sein, weil ich heilig bin. (Lev
11,45)
Ein anderes Beispiel ist das Vermächtnis eines Vaters an seinen Sohn
angesichts seines Todes (Tob 4). Es sind grundlegende Erfahrungen des Vaters
(und seiner Vorfahren), die sich für ihn bewährt haben. Er will sie dem Sohn
als Ermutigung und Orientierungshilfe weitergeben:
Vergiss niemals in deinem ganzen Leben den Herrn!
Tu dein Leben lang gute
Werke und geh nicht auf krummen Wegen. Denn Menschen, die rechtschaffen
leben, haben Erfolg bei allem, was sie tun
Siehst du einen Menschen in
Not, so wende dich nicht ab; dann wird auch Gott sich nicht von dir
abwenden. Tu, was in deinen Kräften steht; gib reichlich, wenn du viel hast,
und wenn du wenig hast, dann gib von dem wenigen und mach dir keine Sorgen
dabei
Sei achtsam in allem, was du tust
Was du selbst nicht erleiden möchtest,
das füge auch keinem anderen zu!
Lass dir von verständigen Menschen raten
Preise Gott zu jeder Zeit! Bitte ihn, dass er dich auf guten Wegen führt
und dir alles gelingen lässt, was du unternimmst.
Auch die zehn Gebote haben nicht den besten Ruf mit dem Du sollst oder Du
darfst nicht. Aber auch sie sind gedacht als ein personaler Zuspruch an das
Volk Israel, wie es die erreichte Freiheit (aus der Gefangenschaft in
Ägypten) sichern und den Rückfall in die Unfreiheit verhindern kann. So
übersetzt der Theologe Werner Holter zum Beispiel das vierte Gebot:
Du wirst frei sein, wenn du für die Vor-Gabe deiner Eltern danken kannst;
wenn du dich anvertraust dem Ursprung deines Lebens, der du nicht selber
bist; wenn du dich annehmen kannst mit deiner Vergangenheit und ihren
Prägungen.
Welcher Zuspruch würde uns gut tun? Wer bedarf hie und da unseres Zuspruchs?
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Hauptbahnhof Zürich
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