Weg-Wort vom 7. Januar 2008
Am Fortsetzungsroman unseres Lebens schreiben
Zu Beginn des neuen Jahres habe ich im Sinn einer Standortbestimmung eine
persönliche Rückschau auf das vergangene und eine Vorschau auf das kommende
Jahr gehalten: Was ist gelungen, was nicht? Welche Schwerpunkte setze ich
mir künftig in den verschiedenen Bereichen meines Lebens? Welche Vorhaben
werde ich verwirklichen?
Bei der Rückschau durfte ich mich freuen über das eine oder andere durchaus
Gelungene. Ich musste aber anerkennen, dass ich auch die Summe meiner
Versäumnisse und Niederlagen und vor allem meiner lange eingeübten
schlechten Gewohnheiten und Unzulänglichkeiten bin.
Für meine Vorschau stellte sich darum die Frage: Wiederhole ich im
Fortsetzungsroman meines Lebens leiernd stets die alten Geschichten? Oder
traue ich mir zu, auch ein neues Kapitel meines Lebens zu schreiben?
Sicher, wir alle haben in unserem Leben schon viele Neuanfänge erlebt, die
nicht gehalten haben, was sie versprochen hatten. Aber deswegen die Hoffnung
und Zuversicht aufgeben, auf Visionen und Vorhaben verzichten und
unverbesserliche Wiederholungstäter bleiben?
Weihnachten zum Beispiel ist so ein Neuanfang ein Neuanfang Gottes mit den
Menschen: Mit dem Kind in der Krippe ist Gott mit Leib und Seele Mensch
geworden. Gott hat das Menschsein angenommen - mit all seinen Schwächen und
Unzulänglichkeiten wie auch mit seiner Grossartigkeit und Kraft. Wir sind in
unserem Menschsein vom ersten Tag unseres Lebens an bedingungslos von Gott
geliebt mit Leib und Seele.
Jesus hat sein Leben ganz auf Gott gesetzt und er war zugleich ganz sich
selbst, ganz Mensch. In seinem Sinn und Geist können auch wir den Neuanfang
immer wieder wagen: uns Gott anvertrauen und zugleich ganz uns selbst sein,
mit Leib und Seele. Glauben bedeutet darum, ganz auf Gott zu setzen und
zugleich im Sinn und Geist Jesu alles zu tun, was in unserer Macht und Kraft
steht.
Wir können es mit diesem Glauben ja einmal versuchen (oder immer wieder
neu), sozusagen die Probe aufs Exempel machen! Zu verlieren haben wir nichts
denn wir wiederholen im schlechtesten Fall nur unsere alten Geschichten.
Wir können aber auch gewinnen: Wir sind dann vielleicht in der Lage, unserer
Lebensgeschichte mit dem Geist und der Kraft Gottes ein wirklich neues
Kapitel hinzuzufügen und unsere alten Geschichten aus veränderter Sicht
ganz neu zu schreiben.
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Hauptbahnhof Zürich
Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann
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