Weg-Wort vom 20. Oktober 2009
Geduld gibt Zeit
Geduldig zu sein wird oft in Verbindung gebracht mit: langweilig, lahm,
passiv, lässt alles mit sich machen.
Dabei ist Geduld eine aktive Kraft. Sie gibt den Dingen und Menschen die
Zeit, die sie brauchen. Die Geduld des Bauern zum Beispiel gibt seinen
Pflanzen die nötige Zeit, zu gedeihen und zu reifen. Er schützt sie und
sorgt soweit als möglich für gute Wachstumsbedingungen. Mit meiner Geduld
gebe ich dem Mitarbeiter in der Autowerkstatt die Zeit, die er für die
Reparatur meines Wagens benötigt.
Meine Geduld ist beeinflusst von der Beziehung, die ich zu den Dingen und zu
den Menschen habe. Wenn meine Lieblingspflanze dahin serbelt, tue ich alles,
um sie wieder zum Blühen zu bringen und gebe ihr jede Zeit, die sie braucht.
Bei Konflikten mit Menschen, die mir wichtig sind, setze ich meine ganze
Kreativität, Kraft und Geduld solange ein, bis wir die befreiende Lösung
gemeinsam gefunden haben.
Meine Geduld ist aber auch geprägt von der Beziehung, die ich zu mir selber
habe. Wenn ich mich nicht so annehmen kann, wie ich bin, werde ich
ungeduldig mit mir. Ich setze mich ständig unter Druck, anders oder besser
sein zu müssen. Mein ganzes Sinnen und Trachten ist auf das Ziel
ausgerichtet, wie ich sein möchte.
Der mit Ungeduld gegangene Weg aber wird nicht kürzer, sondern zieht sich
eher länger hin. Die Ungeduld fixiert auf die Zukunft und vergisst die
Gegenwart und den Weg.
Wenn ich aber in Frieden bin mit mir selber, kann ich ganz bei mir sein. Aus
dieser Liebe zu mir nimmt meine Geduld die Gegenwart an, wie sie ist, jeden
Tag neu. Denn sie weiss, dass der Weg zum Ziel gehört. Ich gebe mir für
meinen Weg liebevoll und geduldig die Zeit, die ich dafür brauche ohne
mein Ziel aus den Augen zu verlieren. Wer sich aber täglich in Geduld übt,
der wächst in sie und in die Liebe hinein.
Die Geduld ist eine Grundeigenschaft Gottes: Ich bin ein Gott voll Liebe
und Erbarmen. Ich habe Geduld, meine Güte und Treue sind grenzenlos (Ex
34,6). Wir können also getrost Gott um Kraft für unsere Geduld bitten, damit
sie uns selber, den Dingen und unseren Mitmenschen die Zeit zu geben vermag,
die sie brauchen.
Wir wünschen Ihnen einen guten und gesegneten Tag!
Die Seelsorger und Seelsorgerinnen der Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
In Teilzeit: Iris Daus, Susanne Wey
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Hauptbahnhof Zürich
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