Weg-Wort vom 30. November 2011
Andreas
Am letzten Tag im November feiern wir Andreas, den Erstberufenen der Apostel
und der Bruder des Simon Petrus. Johannes berichtet von seiner Berufung so:
"Und die beiden Jünger hörten ihn so reden und folgten Jesus. Als Jesus sich
umwendet und sie folgen sieht, sagt er zu ihnen: Was sucht ihr? Sie aber
sagten zu ihm: Rabbi - das heisst 'Meister' -, wo ist deine Bleibe? Er sagte
zu ihnen: Kommt, und ihr werdet es sehen! Da kamen sie und sahen, wo er
wohnte, und sie blieben an jenem Tag bei ihm." (Joh 1,37ff)
So einfach schreibt Johannes von der Nachfolge. Für Andreas und den anderen,
nicht mit Namen genannten Jünger, war es klar. Sie hörten die Aufforderung
"kommt und seht", und sie kamen. Keine weiteren Fragen. Neugier und
Vertrauen leiten sie auf diesen neuen Weg.
Ganz so schnell geht das bei mir nicht. Ich habe viele Fragen und Aber. Die
Reaktion Marias, die beim Besuch des Engels erschrickt, nachdenkt und
nachfragt ist mir sympathisch; auch Thomas, dem Zweifler, kann ich gut
nachfühlen. Grundsätzlich stelle ich die Jesusnachfolge nicht in Frage,
genauso wenig stellen Maria oder Thomas die grundsätzliche Nachfolge in
Frage. Hätte Maria sonst ja gesagt, oder wäre Thomas sonst in der Schar der
Jüngerinnen und Jünger gewesen?
Aber fragen will ich: Warum die Kirchenspaltungen? Religionskriege? Warum
meine Kirche mit einer Hierarchie ohne Frauen? Warum hast Du, Gott, Dein
Werk den Menschen anvertraut? Du kennst uns doch!
Das Vertrauen Gottes in die Menschen zieht sich durch die ganze Bibel, durch
die ganze Menschengeschichte - Gott sei Dank! Jesu Aufforderung "kommt und
seht" wurde durch Andreas und die Jüngerinnen und Jünger weiter getragen.
Viele sind der Einladung gefolgt. Unsere Neugier, unsere Fragen und Zweifel
haben Platz. Gott vertraut uns nach wie vor! Er traut uns Grosses zu. Er hat
uns mit Jesus seine grenzenlose Liebe gezeigt. Wenn Gott uns grenzenlos
traut, dürfen auch wir Ihm trauen - wie Andreas - mit Neugier und Mut.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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