Weg-Wort vom 11. Juni 2007
Gott erfahren
Manche Menschen können nicht an Gott glauben, weil sie ihn nicht erfahren.
Sie denken, sie müssten ihn doch irgendwie spüren. Es müsste dadurch in
ihrem Empfinden etwas anderes, etwas besonderes da sein.
Glauben aber ist nicht ein Gefühl. Der christliche Glaube ist vielmehr der
ständige Entscheid zu einer Lebenshaltung, die auf den von Jesus verkündeten
Gott setzt, an ihn glaubt und ihm vertraut. Er ist eine Haltung, die das
ganze Leben umfasst, die alles Denken und Handeln an der Botschaft Jesu
orientiert.
Glauben ist ein Schritt ins Ungewisse, ein Wagnis wie vieles andere in
unserem Leben auch. Er ist gleichzeitig das Ergriffensein von Gott, ein
Gottesgeschenk. Erst im Vollzug des Glaubens aber erfahren wir seine Kraft.
Erst im Glauben selbst zeigt sich uns die Gewissheit, von Gott gehalten und
geliebt zu sein, was auch immer geschieht.
Glauben ist nicht ein einmaliger Entscheid, der dann für das ganze Leben
gilt. Der Glaube will stets neu mitten in den Herausforderungen des Alltags
vollzogen sein. Nur der gelebte Glaube ist wirklicher Glaube. Wahrer Glaube
kann nicht anders, als sich im Denken und Handeln zu manifestieren, als sich
selbst zu verwirklichen im täglichen Leben. Daran können wir ihn erkennen.
Darin können wir auch etwas von der Liebe und der Freiheit, von der Kraft
und dem Geist Gottes erfahren.
Wir überzeugen nicht mit schönen Worten,
mit starken Gebärden, mit vielen Gebeten.
Das überzeugendste Argument heisst: lieben wie Jesus.
Wer gut denkt über Andersdenkende
und menschlich mit Menschen umgeht,
wer dem zuhört, den keiner anhört,
und den gelten lässt, der nichts gilt,
wer dem Hilflosen hilft
und dem Ängstlichen Mut macht,
wer von Liebe nicht nur redet, sondern wirklich liebt
dem werden sie glauben, dem werden sie vertrauen,
der darf auch von Gott reden; denn sie spüren:
Das Licht und die Wärme, die vom Liebenden ausgehen,
kommen von einer grösseren Liebe.
Und vielleicht fangen sie an,
durch uns hindurch etwas von Gott zu erfahren.
(Theo Schmidkonz)
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