Weg-Wort vom 13.Juli2006
Dem Schatten kannst du nicht entfliehen
Es war einmal ein Mann, den verstimmte der Anblick seines eigenen
Schattens so sehr, der war so unglücklich über seine eigenen Schritte, dass
er beschloss, sie hinter sich zu lassen. Er sagte zu sich: Ich laufe ihnen
einfach davon. So stand er auf und lief davon. Aber jedes Mal, wenn er
seinen Fuss aufsetzte, hatte er wieder einen Schritt getan, und sein
Schatten folgte ihm mühelos. Er sagte sich: Ich muss schneller laufen.
Also lief er schneller und schneller, lief so lange bis er tot zu Boden
sank. Wäre er einfach in den Schatten eines Baumes getreten, so wäre er
seinen Schatten losgeworden, und hätte er sich hingesetzt, so hätte es keine
Schritte mehr gegeben. Aber darauf kam er nicht. (von Dschuang Dse nach
Anselm Grün)
Ja, geht es ist Ihnen nicht manchmal auch so, dass sie davonlaufen möchten.
Wie oft habe ich den Seufzer schon gehört: Es ist zum Davonlaufen! Aber
von was davonlaufen und wohin können wir den laufen? Der Mann in der
Geschichte läuft vor seinem eigenen Schatten davon, weil er sich offenbar
von ihm verfolgt fühlt. Aber dass er den Schatten nur loswerden kann, indem
er sich unter einen andern Schatten stellt, das hat er nicht begriffen.
Schatten können ja auch sehr wohltuend und beschützend sein, gerade jetzt in
diesen heissen Tagen, da kann man es zum teil nur im Schatten aushalten.
Aber Schatten können auch bedrohlich sein, wenn wir die Ursache des
Schattens nicht kennen.
In den Psalmen lesen wir viele Gebete, in denen von Schatten die Rede ist.
Gott bietet sich da als Schutz und Schatten an. So zum Beispiel in Psalm
91,1:
Wer im Schutz des Höchsten wohnt und ruht im Schatten des Allmächtigen,
der sagt zum Herrn: Du bist für mich Zuflucht und Burg, mein Gott, dem ich
vertraue.
Oder in Psalm 121 Der Herr ist dein Hüter, der Herr gibt dir Schatten; er
steht dir zur Seite.
Wir müssen nicht vor dem eigenen Schatten davonlaufen, sondern können uns im
Schatten des ewigen Gottes bergen, dann kann uns der eigene Schatten nicht
verfolgen und wir brauchen nicht davonzulaufen.
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