Weg-Wort vom 19. September 2006
Dem Hass überlegen (Psalm 36)
Ich weiss nicht, wie Sie es empfinden, aber mir ist allgegenwärtig, dass wir
in jeder Situation die Wahl haben: Wir können uns so oder so verhalten.
Dabei gibt es nicht nur gut und böse, sondern eine ganze Palette zwischen
gut und böse. Das ist unsere Freiheit: Zu tun und zu lassen, was wir wollen.
Ich weiss, manchmal sehen wir keine Wahl, müssen tun oder lassen, was wir
noch tun oder lassen können. Die Hände sind uns gebunden, die Problemzwänge
lassen uns nur eine Möglichkeit sehen und für das Philosophieren, was gut,
was besser, was schlechter oder gar böse wäre, ist keine Zeit. Wir haben uns
in eine Situation gebracht, aus der wir nicht heraus können. Wir merken es
und verzweifeln; oder wir merken es nicht und leiden trotzdem.
Im 36. Psalm spricht der Psalmbeter von Menschen, die sich für das Böse
entschieden haben. Er schreibt: Er will schuldig werden, will hassen. Seine
Worte wirken lauter Unheil und Verrat, er handelt nicht mehr einsichtsvoll
und gut. Im Bett noch sinnt er auf Verderben. Er greift zu verwerflichen
Mitteln, das Böse meidet er nicht. (Psalm 36.3b-5)
So kann uns das Leben eines Menschen an Hand seines Tun und Lassens
scheinen. Entspricht es aber auch seinem Sein? Was hat zu dieser Lebenssicht
geführt? Und es geht dabei nicht um Entschuldigung, sondern vielmehr um
Einsicht und Ideen, die eine Veränderung zum Guten bringen könnten, um
Hilfestellungen, die einen solchen Menschen auffangen könnten.
Ich gehöre zu den Menschen, die nie die Hoffnung aufgeben. Und ich glaube,
Gott macht uns das vor. Im 36. Psalm heisst es: Von dir kommt alles Leben,
wenn du uns erleuchtest, sehen wir das Licht. (Psalm 36.10)
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