Das Weg-Wort - Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich!
Weg-Wort vom 10. Juni 2020
Präambel
«Im Namen Gottes des Allmächtigen!» Dies sind die ersten Worte der schweizerischen
Bundesverfassung.
Ich finde es bemerkenswert, dass bis heute der Gottesbezug in einem Rechtsdokument
beibehalten wurde, das den Aufbau der Schweiz grundlegend ordnet. Bei der letzten
Totalrevision im Jahr 1999 war dieser Anfang sehr umstritten. Das ist verständlich. Nicht
jeder kann mit dem Wort Gott etwas anfangen; schon gar nicht, wenn er der «Allmächtige»
genannt wird. Als grosse Anfangsklammer für die ganze Verfassung machen diese Worte für
mich trotzdem Sinn. Sie sind ein Beitrag dafür, dass die Macht der Politik und der
Politiker nie absolut gesetzt werden darf, sondern begrenzt ist und eingebettet in
übergeordneten Interessen.
Wenn Politiker das Wort Gott zu oft und zu leichtfertig in den Mund nehmen, machen sie
sich verdächtig. Es ist Missbrauch des Namen Gottes, wenn man sich wie Donald Trump zur
Machtdemonstration vor einer Kirche mit einer Bibel in der Hand fotografieren lässt. Aber
wenn im Namen Gottes an die Grenzen der politischen Macht erinnert wird, scheint mir das
gerechtfertigt.
Selbstverständlich darf aber der Glaube in der Politik eine Rolle spielen. Es gibt
Politiker, die sehr glaubwürdig über ihre religiöse Überzeugung sprechen. Als Adolf Ogi
einmal als Bundesrat gefragt wurde, was Gott für ihn bedeute, sagte er: «Gott ist Liebe.
Das bewegt mich immer wieder. Der Glaube an diesen Gott lässt mich im Erfolg nicht
überheblich werden und im Misserfolg nicht verzweifeln.»
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
Bildquelle:
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© Ökumenische Bahnhofkirche im Hauptbahnhof Zürich
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