Weg-Wort vom 16. Februar 2007
Verzweifelt (Psalm 69)
Wohin, wenn wir nicht mehr weiter wissen? Was tun, wenn alles in die Brüche
geht? Wie weiter, wenn wir völlig am Ende sind? Ja, was tun wir, wenn die
Verzweiflung uns packt und Erschrecken uns zeichnet?
Schreien! Schreien zu Gott! Im Psalm 69 ist ein solcher Schrei zu lesen und
zu hören:
Rette mich, Gott!
Das Wasser reicht mir bis zum Hals.
Ich versinke im tiefen Schlamm;
ich habe keinen Grund mehr unter den Füssen.
Ich bin in bodenlose Tiefen geraten,
die Strömung reisst mich fort.
Ich habe mich müde geschrieen;
ich bin ganz heiser;
meine Augen versagen;
ich warte auf Gott. (Ps 69.2-4)
Wer so verzweifelt schreien muss, der braucht das, was wir aus den
Vermisstmeldungen kennen, der braucht schonendes Anhalten. Oder, wie es
der Psalmbeter im 21. Vers des Psalms selber formuliert: Er braucht
teilnahmsvolle Menschen.
Wer so verzweifelt ist, sich völlig ausgeschrieen hat, der braucht zuerst
mal begleitete Ruhe, zugefächelte Luft, stilles Dasein. Irgendwann mag er
reden und erzählen, wieder und wieder, bis er das Geschehen fassen kann. Im
Psalm erfahren wir die Geschichte des Beters. Er hat sich für Gott
eingesetzt, dafür aber nur Spott, Ausgrenzung und Schmerzen erfahren. Und
keine teilnahmsvollen Menschen nehmen sich seiner schonend an. Daher rührt
seine Verzweiflung. Das schreit er heraus, kaut er durch und durch, - bis
ihm der zuverlässige Gott, der sicher helfen wird, wieder fassbar und
spürbar wird.
Mir gibt dieser dynamische Umgang mit starken Gefühlen viel Kraft!
Mit freundlichen Grüssen
© Bahnhofkirche
Hauptbahnhof Zürich
Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann
In Teilzeit: Sr. Anna Affolter, Sr. Zoe Maria Isenring, Hans-Ruedi Rüfenacht
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