Weg-Wort vom 22. März 2006
Presente!
Aus den lateinamerikanischen Basisgemeinden wird erzählt, wie in ihren
Gottesdiensten von Zeit zu Zeit die Namen derer verlesen oder bekannt
gegeben werden, die nicht mehr da sind.
Diese Basisgemeinden - das sind die Gemeinden der armen Leute, der
Landarbeiter oder der Bewohner der Elendsviertel der Städte, Gemeinden, die
oft genug nicht einmal eine eigene Organisation haben, keinen eigenen
Priester oder Pfarrer. Die nicht viel mehr haben als die Hoffnung, dass sie
nicht von Gott verlassen sind, auch wenn es ihnen schlecht geht. Und das
Wort haben sie, das Wort, das ihnen verspricht, dass auch sie gemeint sind
von Gott.
Und wenn diese Basisgemeinden dann zusammenkommen, erinnern sie an die Namen
von Mitgliedern, die nicht mehr da sind: Gestorben, ermordet von den
Mächtigen, verschwunden und weggeschafft: Dann ruft die ganze Gemeinde nach
jedem Namen: Presente! Und das heisst so viel wie: Hier!
Sie oder er ist präsent, ist unter uns. Es ist nicht gelungen, sie oder ihn
verschwinden zu lassen, nein, wir glauben fest daran, dass die
Verschwundenen dann, wenn wir in dem Gottesdienst ihren Namen lesen, dass
sie dann da sind, da sind in der Gemeinschaft der Lebenden und der Toten, in
der Gemeinschaft mit Gott.
Ein kluger Mensch hat einmal gesagt: Tot bist du erst, wenn niemand mehr an
dich denkt! Darum gibt es lebende Tote und Tote, die, wie es scheint nie
gelebt haben.
Wie lebendig sind ihre Toten?
© Bahnhofkirche
Hauptbahnhof Zürich
Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann
In Teilzeit: Sr. Anna Affolter, Sr. Zoe Maria Isenring, Hans-Ruedi Rüfenacht
Evangelisch-reformierte und Römisch-katholische Kirche
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