Weg-Wort vom 20. August 2007
Sich ver-danken
Ich will dir danken aus ganzem Herzen,
dir vor den Engeln singen und spielen. (Ps. 138,1).
Mit diesen Worten beginnt der Psalm 138. Auch viele andere biblische Gebete
sind von solch dankbarer Gesinnung geprägt. Uns Menschen fällt es oft nicht
leicht in solch lobpreisenden Dank einzustimmen. Es ist nicht leicht, Dank
als einen Vorgang zu vollziehen, der wirklich von Herzen kommt, auch wenn
wir formelhaft immer wieder herzlich danken.
Danken fällt uns schwer, weil wir fast alles in unserem Leben für
selbstverständlich nehmen, es uns gar nicht bewusst ist, dass wir mehr
empfangen, als wir geben. Wir überschätzen leicht das eigene Wirken und Tun
gegenüber dem, was wir durch andere geworden sind.
Der tiefste Grund unserer Schwierigkeiten mit dem Danken liegt aber wohl
darin, dass wir das, was das Leben ausmacht, nicht empfangen, sondern selbst
machen wollen. Es fällt uns schwer, uns selber und unser ganzes Leben Gott
als dem tiefsten Geheimnis unseres Lebens zu verdanken. Jeder Mensch, sagt
der heilige Paulus, will trotz Erkenntnis Gottes ihn nicht als Gott
anerkennen und ihm nicht danken (vgl. Röm 1,21). Das heisst also, er will
sich und sein Dasein nicht verdanken.
Im Dank, der uns in den Psalmen entgegenkommt, öffnet der biblische Mensch
sein Herz Gott. Er bejaht sein Dasein in Armut und als Geschöpf Gottes. Er
kann das tun, weil er weiss, dass dieser Herr ihn befreit von dem Druck,
selbst seinem Leben Halt und Dauer, Ansehen und Würde zu verleihen. So
vollzieht sich im Danken eine Wende: Der Mensch, der vorher gefangen war in
der Sucht, sich sein Leben selbst zu sichern, kann die Erfahrung machen, von
Gott angenommen und befreit zu werden. Ihm wird ein neuer Lebensraum
eröffnet, wie es der Psalmist erfahren hat:
Er führte mich hinaus ins Weite,
er befreite mich, weil er mich gern hat.
Darum will ich dir danken, Herr, vor den Völkern,
ich will deinem Namen singen und spielen (Ps. 18,20.50).
© Bahnhofkirche
Hauptbahnhof Zürich
www.bahnhofkirche.ch
Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann
In Teilzeit: Sr. Anna Affolter, Sr. Zoe Maria Isenring, Susanne Wey
Evangelisch-reformierte und Römisch-katholische Kirche