Weg-Wort vom 16. Juni 2006
Vom Fussball und vom Glauben
Die Fussballweltmeisterschaft zieht viele Menschen in ihren Bann und
verändert ihre täglichen Lebensgewohnheiten für einige Zeit.
Eine besondere Faszination lösen dabei diejenigen Spieler aus, die bereit
sind, ihr Bestes zu geben, ohne jede Erfolgsgarantie, ja auch dann, wenn es
ihnen fast niemand zutraut. Sie sind es vor allem, welche die Herzen der
Zuschauer bewegen. Den grössten Respekt aber gewinnen jene Spieler, die den
Volleinsatz ihrer Kräfte mit Teamgeist, Fairness und Achtung des Gegners
verbinden. Sie sind zu Höchsteinsatz und Fairness bereit, auch wenn Sieg
oder Niederlage bis zum letzten Augenblick in der Schwebe sind.
Solche Spieler sind zudem bereit, sich zwar über Unzulänglichkeiten und
Fehler zu ärgern, sie aber auch sich selbst und andern zuzugestehen. Denn
sie wissen: Ihr Spiel ist ein stetes Auf und Ab, ein ständiges Ringen
zwischen Gelingen und Versagen, zwischen Höchstleistung und
Mittelmässigkeit, zwischen Kunst und biederem Handwerk.
Fussball ist die nüchterne Kunst der Zustimmung, dass vieles nur hie und da
und meistens nur vorläufig gelingt.
Fussball ist darum manchmal wie das Leben selbst: Wir geben unser Bestes und
erreichen doch nicht, was wir anstreben. Wir sind in einem dauernden Ringen
zwischen Lebensfreude und Unlustgefühlen, zwischen ermüdendem Kleinkram und
beflügelnden Möglichkeiten, zwischen vorgegebenen Zwängen und individueller
Freiheit, zwischen Gelingen und Versagen.
Dieser Grunderfahrung menschlicher Existenz begegnet der Christ auch in
seinem Glauben. Er glaubt und betet ohne Erfolgsgarantie. Denn er weiss um
die Vorläufigkeit und Unverfügbarkeit des Lebens. Er weiss sich aber in all
seinem täglichen Ringen, in den Höhen und Tiefen des Lebens, beim Gewinnen
und Verlieren stets gehalten und getragen von seinem Gott.
So wie er es uns versprochen hat: Das sollt ihr wissen: Ich bin immer bei
euch, jeden Tag, bis zum Ende der Welt (Mt 28,20).
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