Weg-Wort vom 28. Mai 2013
Bin ich der Hüter meines Bruders
Wir kenne sie alle, die Geschichte von Kain und Abel. "Hierauf sagte Kain zu
seinem Bruder Abel: Gehen wir aufs Feld! Als sie auf dem Feld waren, griff
Kain seinen Bruder Abel an und erschlug ihn. Da sprach der Herr zu Kain: Wo
ist dein Bruder Abel? Er entgegnete: Ich weiß es nicht. Bin ich der Hüter
meines Bruders?" (Gen 4,8f)
Auslöser für den Brudermord: Eifersucht, eine Kurzschlusstat auf eine nicht
beachtete Opfergabe. Kain ist der ältere der beiden Brüder, er trägt
Verantwortung dem Jüngeren, dem Schwächeren gegenüber. Und diese
Verantwortung will er nicht wahrnehmen und tragen.
Wer ist unser Bruder, unsere Schwester? Für wen tragen wir besondere
Verantwortung? Wer ist schwächer und bedarf des Schutzes?
Kain steckt in uns allen. Wir alle machen hie und da die Augen zu, wenn es
darum geht, Stellung zu beziehen, uns einzusetzen für die Schwächeren.
Gott fragt Kain: Wo ist Dein Bruder? Gott geht also davon aus, dass wir
füreinander verantwortlich sind. Dann gibt es kein Wegschauen im Zug, wenn
Ungerechtigkeiten geschehen. Dann gibt es kein "Ich bis nid gsi, ich cha nüd
defür". Dann müssen wir hinsehen, uns einmischen, Stellung beziehen für die
Schwächeren.
Beispiele, wie es gelingen kann, gibt es viele. Hier nur eines:
Der Lebenspartner verstirbt plötzlich. Eine Welt bricht zusammen, ein
Schock. Angehörige machen sich auf. Als Verwandte und Freunde stehen sie
zusammen. Sie alle sind hilflos, betroffen, ohnmächtig in Schmerz und
Trauer. Aber sie sind da, geben einander Halt und Trost.
Wir sind nicht allein verantwortlich aber wir sind mitverantwortlich. Zum
Glück sind wir eine grosse Menschenfamilie, zum Glück tragen wir die
Verantwortung gemeinsam!
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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