Weg-Wort vom 5. Oktober 2010
De Heiri hät es Chalb verchauft
Wer kennt dieses Lied aus der kleinen Niederdorfoper nicht? Ein kleiner
Bauer verkauft sein Kalb und versäuft sein Geld. Er verkauft etwas, das er
genährt und gepflegt hat, etwas sehr Reales. Der Käufer hat einen Gegenwert
für sein Geld, Heiri hat einen für sein Kalb.
Es gibt scheinbar nicht nur diese Form von Verkäufen: Ich habe nichts, miete
etwas, verkaufe es und hoffe, dass der Preis dieses Etwas in der Mietzeit
sinkt, damit ich es dann zurückkaufen kann, um es am Ende der Mietdauer
wieder zurückzugeben. Das, habe ich mir sagen lassen, sei ein Leerverkauf.
Damit nicht genug, es gäbe da noch den nackten Leerverkauf: Ich verkaufe
einem Käufer etwas, das ich gar nicht habe.
Da hat es der Käufer von Heiris Kalb schon besser.
Ich frage mich, warum sich Menschen auf solche Leerverkäufe einlassen. Ein
Spiel mit der Gier, der verdrehten Hoffnung auf noch mehr Gewinn, ein Spiel
mit der Sehnsucht, auch eine Chance zu haben? Ein gefährliches Spiel schon
im Kleinen. Es ist ein Spiel mit der Zukunft und der Hoffnung, mit der
Sehnsucht: Bescheidenheit löst sie nicht aus, eher unstillbare Gier und
Haltlosigkeit. Da ist Heiris Art recht bescheiden. Sie ist nicht gut zu
heissen, denn er versäuft das Geld seiner Familie. Das ist schwach, aber
ehrlich.
Und das ist es, was einigen Menschen, die mit zu viel Geld zu tun haben,
wohl abhanden gekommen ist: Ehrliche Arbeit. Ein Geschäften, das diesen
Namen noch verdient, ist gefragt. Das können wir in unserm Umkreis tun,
ausleben, üben, das können wir von all denen fordern, die mit mehr Geld und
Macht zu tun haben, als ihrer Moral gut tut. Ehrliche bodenständige Arbeit
ist gefordert. Eine Arbeit, die erfahrbar und sichtbar ist, eine Arbeit, die
sich an der Realität gegenseitiger Achtung orientiert und nicht an einer
letztlich undurchsichtigen Virtualität.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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