Weg-Wort vom 17. März 2011
Manchmal schäme ich mich und manchmal freue ich mich
Manchmal schäme ich mich, dass ich Schweizer bin und weiss und manchmal
freue ich mich auch deswegen.
Schämen tue ich mich, wenn ich solche Geschichten höre: Da kommt eine Frau
in den Laden und wird freundlich im breitesten Züritütsch begrüsst. Die
Kundin bestellt, hat diesen und jenen Sonderwunsch, ist aber trotz allem
Bemühen nicht zufrieden zu stellen und wird je länger je unfreundlicher bis
sie sich dazu versteigt zu sagen, dass die Bedienung dorthin gehen solle, wo
sie herkomme. Entlassen sollte man sie. Was man der jungen Bedienung
ansieht, ist, dass sie weder grossgewachsen, noch blond noch blauäugig ist.
Was man ihr nicht ansieht, ist, dass sie sich durch und durch als
Schweizerin sieht, wenn auch mit fremden Wurzeln. Für diese Ausbrüche von
alltäglichem Rassismus schäme ich mich. Auch wenn manchmal der Eindruck
entsteht, solche Unanständigkeiten gehörten schon fast zu gutem Schweizer
Ton. Rassismus und rassistische Äusserungen sind und bleiben nichts, was in
unserm Lande Platz haben darf. Und wenn es geschieht, treibt mir das Wut und
Schamröte ins Gesicht.
Die Bedienung liess alles stehen, sagte der Kundin, sie solle sich von
jemand anders bedienen lassen und ging zum Vorgesetzten, um ihn über den
Vorfall zu informieren. Wie sehr freute ich mich dann darüber als der
Vorgesetzte der Bedienung gemeint habe: Warum haben Sie nicht gesagt, dass
Sie schon da sind, wo Sie herkommen. Er werde dieser Kundin schon die
rechte Antwort geben, falls sie sich beschweren würde.
Toll solche Vorgesetzten hinter sich zu wissen, die ihr Personal schützen,
wenn Kunden sich daneben benehmen. Da freue ich mich wieder.
Kein Mensch hat das Recht einen andern zu beschimpfen, zu beleidigen, weil
der andere nicht die gleiche Hautfarbe hat. Wir sind dann nicht besser,
sondern schlimmer, wir sind dann nicht gut, sondern schlecht aber zum
Glück gibt es nicht nur diese, sondern auch jene und die vertreten ein
wahrhaft christliches Gut: Vor Gott sind wir alle Schwestern und Brüder und
nur einer ist unser Meister.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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