Weg-Wort vom 9. September
Freiheit ist anstrengend
Der Auszug aus Ägypten wird in der Bibel dargestellt als ein langer und
mühsamer Weg in die Freiheit. Er ist zum Bild geworden für Befreiung
überhaupt: Befreiung führt durch die Wüste, sie bringt Entbehrungen mit
sich, Spannungen, Zweifel und Gefahren.
Vor den der schwerbewaffneten Truppe des Pharao entdecken die Leute um Mose
ihre Liebe zu Ägypten. Der Aufbruch in die Freiheit und der Wegzug aus der
Knechtschaft haben ihre Faszination verloren. Angesichts der Gefahr
erscheint die Last der Unfreiheit gar nicht so schlimm: Haben wir nicht
gleich gesagt, du sollst uns in Ruhe lassen, wir wollen lieber den Ägyptern
dienen als in der Wüste umkommen (Exodus 14,12).
Ein Kind, das gehen lernt, entdeckt seine Liebe zum Laufgitter
wahrscheinlich in dem Moment, da es weinend am Boden liegt neben dem bösen
Tischbein, das härter ist als sein zartes Köpfchen. Und doch wird es nicht
im Laufgitter bleiben. Etwas in ihm treibt es dazu, frei zu werden vom
Laufgitter, das es stützt und zugleich einengt.
Auf eigenen Beinen stehen und gehen zu können ist bestimmt eine wichtige
Etappe im Leben des Kindes. Schon bald meldet sich der Anspruch, als Mensch,
als Person selbständig da zu stehen und selbstverantwortlich zu handeln.
Dieser Anspruch begleitet uns Menschen durch das ganze Leben. Und dieser
Freiheitsdrang bringt uns manch härteren Schock ein als das Tischbein für
das kleine Kind.
Kein Wunder, dass wir uns als erwachsene Menschen und ChristInnen auf dem
mühsamen, riskanten Weg zur Freiheit immer wieder nach dem kindlichen
Laufgitter zurücksehnen, uns an Vorschriften, dogmatische Lehren,
Autoritäten, Konventionen und Traditionen klammern.
Ihr seid zur Freiheit berufen! Nur nehmt eure Freiheit nicht als Vorwand
für die Befriedigung eurer selbstsüchtigen Wünsche, sondern dient einander
in Liebe (Galaterbrief 5,13). Der Weg in die Freiheit ist immer mühsam und
riskant. Aber der Herr führt und begleitet uns.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Susanne Wey, Beat Schlauri
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