Weg-Wort vom 4. Januar 2013
Die Welt ins Gebet nehmen
Jemanden ins Gebet nehmen bedeutet, so erscheint es als erstes im Lexikon,
jemanden zu ermahnen oder zurechtzuweisen. Ihm oder ihr ins Gewissen reden
oder jemandem eine "Strafpredigt" halten. Es bedeutet aber auch, an jemanden
im Gebet zu denken, sie oder ihn in die Fürbitte einzuschliessen oder sich
für jemanden zu sorgen in Gedanken und im Gebet.
Ich bin in meinem Leben viel gereist und durfte viele Menschen kennenlernen.
Das hat Spuren bei mir hinterlassen. Einen grossen Eindruck hat mir eine
Klosterfrau gemacht. Sie lebt in einem geschlossenen Kloster und ist
weltoffen, wie ich es oft auch von Weltreisenden nicht kenne.
Das Leben im geschlossenen Kloster heisst, dass sie kaum je die
Klostermauern verlässt. Der Tag ist mit regelmässigen Gebetszeiten klar
strukturiert. Hinter den Klostermauern wird mehr geschwiegen als geredet.
Bei Tisch gibt es Tischlesungen, meist geistliche Texte. Wie sie es schafft,
immer auch weltpolitisch auf dem Laufenden zu sein, weiss ich nicht.
Sie hat mir erklärt, wie sie jeweils die Welt ins Gebet nimmt. Erfährt sie
von einer Tagesaktualität, dann nimmt sie dies als Gebetsanliegen. Das
können Personen sein oder Ereignisse. Ich bin sicher, sie hat sehr viel
gebetet für die Präsidentschaftswahl in Amerika. Sie wird Sitzungen in
Brüssel im Gebet begleiten und die Krise im Nahen Osten ins Gebet
einschliessen. Sie wird in Gedanken und Gebet jeweils am
Weltwirtschaftsforum teilnehmen.
Sie ist ein Vorbild für mich. Die räumliche und örtliche "Abgeschiedenheit"
ist nicht massgebend. Die innere Öffnung zählt. Es ist wohl der geschlossene
Rahmen des Klosters, ihr Rückzug, in dem sie die Möglichkeit findet, sich
immer wieder zu öffnen für die ganze Welt.
In meinem offenen, bewegten Leben ist mir wichtig geworden, immer wieder
stille Momente zu suchen, um mein Herz für die Welt zu öffnen.
Um die Welt ins Gebet zu nehmen.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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