Weg-Wort vom 16. Juli 2010
Arbeit und Verantwortungen überdenken
Mich beeindrucken Menschen nicht, die arbeiten, bis sie umfallen. Mich
beeindrucken Manager, Angestellte oder Arbeiter nicht, die zehn, zwölf oder
mehr Stunden am Tag an ihren Arbeitsplätzen sind. Das ist kein Ausweis von
Güte. Im Gegenteil: Das ist ein Ausweis von Dummheit.
Sie ärgern sich vielleicht über dieses harte Urteil. Aber ich bin der tiefen
Überzeugung, dass gute Arbeit nur geleistet wird, wo auch ein stimmiger
Ausgleich zwischen Arbeit und Rekreation besteht. Und ich denke nicht nur an
den Sonntag, den siebten Tag, wo jede Arbeit ruhen sollte. Nein, zur
Rekreation gehört auch die Übernahme familiärer und verwandtschaftlicher
Pflichten, die Freiwilligenarbeit als Teilnahme am Gemeinwesen, das
Engagement ausserhalb der bezahlten Arbeit in Gemeinden und Vereinen. Und
natürlich auch die Pflege des Ich in Spiritualität, Sport und anderer
Freizeit.
Das zeichnet uns Menschen aus, dass wir in verschiedenen Beziehungen und
Verantwortlichkeiten auf dieser Welt leben. Und alle diese Beziehungen und
Verantwortlichkeiten brauchen Zeit und Pflege. Die bezahlte Berufsarbeit
darf da nicht überborden. Und dazu kommt noch meine tiefe Überzeugung, dass
wir im Beruf ersetzbar und die Arbeit, die wir dort tun, teilbar ist. Und
das ist eh ein Gebot der Stunde, dass wir bezahlte Arbeit auf mehr Schultern
verteilen, weil wir alle in unserem Lebensunterhalt davon abhängen.
Nein, es hat nichts Lobenswertes an sich, wenn wir uns für einen Job fast
ganz hingeben. Wir nehmen dem Anderen, der uns auch braucht, zu viel weg.
Ich bin darum froh, dass mitten im Monat Juli, wo viele Menschen ihre Ferien
geniessen, der eine und die andere ihre persönliche Situation in Arbeit und
Verantwortung wieder einmal überdenken und hoffentlich da und dort die
Weichen in eine gute und verantwortungsbewusste Richtung stellen.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine erholsame und fruchtbare Zeit.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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