Weg-Wort vom 12. April 2006
Ein neuer Himmel und eine neue Erde
Meditation von Silvia Strahm Bernet
zum biblischen Text aus dem zweiten Petrusbrief (3,13):
Dann erwarten wir, seiner Verheissung gemäss, einen neuen Himmel und eine
neue Erde, in denen die Gerechtigkeit wohnt.
Warten allein hilft nicht. Nicht, wenn wir etwas davon sehen wollen. Jetzt
und nicht erst, wenn alles zu Ende geht. Diese neue Erde, sie rollt nicht
vor unsere Füsse, damit wir sie bloss aufzuheben brauchen. Und auch der neue
Himmel öffnet sich nicht ohne weiteres dem erwartungsvollen Blick.
Warten gehört dazu. Sich Zeit lassen, hinsehen, prüfen, was zu tun ist und
in Gang setzen, was Sinn macht. Sehen, was daraus wird und es allenfalls
ändern. Warten ist ein Teil davon. Und Geduld. Auch Ausdauer, im Tun und im
Hoffen, nach jedem Scheitern, das unumgänglich ist.
Aber Warten genügt nicht. Und wir haben nicht alle Zeit. Das Leben übt zwar,
aber es ist nicht die Hauptprobe, sondern bereits die Premiere.
Gerechtigkeit ist nichts für ein Irgendwann. Es reicht nicht, sie an den
Horizont zu malen, um das Dunkel aufzuhellen. Um uns glauben zu lassen, dass
sie in unserer Reichweite liegt. Später vielleicht. Nur jetzt noch nicht.
Weil wir halt sind, wie wir sind, auf den eigenen Vorteil bedacht, was nur
normal ist. So normal, dass es verrückt ist, ein Wunder gar, dass an einer
neuen Erde noch immer gearbeitet wird. Jetzt. Schritt für Schritt. Einfach
darum, weil es keine Alternative gibt, weil es sein muss. Weil später viel
zu spät ist.
(aus der diesjährigen Fastenagenda der beiden Hilfswerke Brot für alle und
Fastenopfer)
Bild: Josua Bösch
© Bahnhofkirche
Hauptbahnhof Zürich
Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann
In Teilzeit: Sr. Anna Affolter, Sr. Zoe Maria Isenring, Hans-Ruedi Rüfenacht
Evangelisch-reformierte und Römisch-katholische Kirche
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