Weg-Wort vom 21. Juli 2008
Ach Gott!
Ach Gott! rief sie aus, als sie die Passhöhe erreichte und sich ihr eine
prachtvolle Aussicht darbot. Mir war allerdings nicht klar, ob sie damit
ihrer Freude darüber Ausdruck gab, endlich oben zu sein mit dem herrlichen
Blick in die Weite, oder ihrer Mühe mit dem anstrengenden Aufstieg.
Wahrscheinlich war es beides.
Menschen denken wohl eher selten an Gott, wenn sie so rufen. Ganz anders ein
Weisheitslehrer, der, nach dem Namen Gottes gefragt, antwortete: Er hat
keinen Namen. Gott kann man nicht in einen Namen pressen. Der Name ist ein
Gefängnis. Gott ist frei.
Aber er bete doch! Was er denn dabei als Anrede sage? Ach! gab er zur
Antwort, einfach nur Ach! Ich rufe Ach, wenn ich leide. Ach, wenn ich
staune. Ach, wenn ich betroffen bin, wenn ich mich freue oder traurig bin.
Immer wenn ich Ach rufe, werde ich mir bewusst, dass Gott stets mit mir ist,
bei allem, was mir geschieht. Bei allem, was ich denke, rede und tue.
Ich rufe selten Ach! Aber manches, was mich den lieben langen Tag angenehm
oder unangenehm berührt, was mich bewegt oder umtreibt, langweilt oder sonst
wie betroffen macht, bespreche ich kurz mit meinem Gott. Dabei erfahre ich
des öfteren, dass sich dadurch zu meiner Freude über ein schönes Erlebnis
noch das Gefühl der Dankbarkeit gesellt, der Zufriedenheit auch und der
Erfüllung.
Wenn ich meinen Ärger oder mein Traurigsein mit Gott bespreche, höre ich auf
zu bewerten und zu urteilen. Ich bin dann nur noch traurig oder verärgert
und nichts weiter dazu. Ich kann im Gespräch mit Gott besser mit meinen
Gefühlen umgehen, sie leichter zulassen, annehmen und wieder loslassen.
Das Gespräch mit Gott hilft mir auch, ehrlicher mit mir selbst zu sein. Vor
ihm kann ich ja nichts verbergen. Seine Barmherzigkeit macht mir zudem Mut,
zu meinen Schwächen und Fehlern und zu meinem Versagen zu stehen.
Ach! Welch unschätzbare Möglichkeit, mit Gott über alles reden zu können!
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Hauptbahnhof Zürich
Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann
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