Weg-Wort vom 17. August 2009
Eins-Sein
Ich staune immer wieder, wie Kinder in den ersten Monaten ihres Lebens aus
purer Lust und Freude strampeln und juchzen können. Mir scheint fast, dass
sie ihre strahlende Freude, die von innen heraus kommt, nicht haben, sondern
dass sie wie reine Lebensfreude sind, dass sie eins sind mit ihr. Und
manchmal habe ich zudem den Eindruck, dass sie wie noch verbunden sind mit
ihrer göttlichen Herkunft.
Mit dem Erwachsenwerden haben wir diese Unmittelbarkeit des Kleinkindes
ver-loren. Wir leben zumeist in der Vergangenheit oder Zukunft. Nur wenn wir
ganz in der Gegenwart, im Hier und Jetzt sind, können wir für Augenblicke in
Berührung kommen mit der Unmittelbarkeit des Lebens, blitzt in uns
vielleicht eine Ahnung auf von dem Göttlichen, das allem Lebendigen und der
Welt zugrunde liegt.
Die Theologin Andrea Schwarz berichtet von einer solchen Erfahrung:
Es gibt Momente, in denen ich verliebt bin in diese Erde, in Natur,
Schöpfung, die Menschen. Es sind Augenblicke, in denen ich mich eins fühle
mit Gott und der Welt, Momente, in denen es stimmt.
Es gibt keine Grenzen mehr zwischen mir und dem anderen, ich tauche ein in
ein Meer von Zärtlichkeit, verliere, verströme mich, lasse los, ein Sein mit
Stein, Tier, Pflanze, Mensch Eins-Sein. Es ist ein Spüren, Ahnen, Fühlen,
dass ich im Strom des Lebens bin, ein Teil dieser Schöpfung. In solchen
Momenten gelten meine Grenzen nicht mehr, und ich brauche sie auch nicht.
Wertvoll und kostbar sind solche Augenblicke. Sie lassen sich nicht
machen, sind für Geld nicht zu kaufen, und sie lassen sich nicht
festhalten. Sie sind Geschenk, Geschenk einer anderen Welt, die man mit dem
Namen Gott bezeichnen kann. Und zugleich ist diese andere Welt in solchen
Momenten meine Welt Gott ist in mir, und ich bin in Gott. Das kann ich nur
dankbar entgegennehmen.
Und dann bricht wieder der Alltag ein Fremdheit, Nicht-Verstehen,
Abgrenzung, Einsamkeit. Aber inmitten dieses Alltages weiss ich um die
Erfahrung, dass einmal die Grenzen aufgehoben waren. Das aber verändert mich
und meinen Alltag ich werde sehnsüchtig...
Ich suche und sehne mich danach, dass eine Vision, anfanghaft erahnt, lebt
und bleibt. Eine solche Sehnsucht lehrt suchen... mitten im Alltag.
Wir wünschen Ihnen einen guten und gesegneten Tag!
Die Seelsorger und Seelsorgerinnen der Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
In Teilzeit: Beat Schlauri, Susanne Wey
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