Weg-Wort vom 13. Juni 2012
Grün
Es war auf einer Schifffahrt, als mir einmal mehr aufgefallen ist, dass Grün
nicht Grün ist.
Der Blick auf den Wald eröffnete mir eine grüne Farbenpracht, vom zarten
Grün zum kräftigen, sehr dunklen Grün, dann das Olivgrün und das Grün im
Wasser gespiegelt, Grünblau, eine Augenweide! Wie wahr das Wort doch ist,
eine grüne Weide für die Augen. Aber auch mein Herz jubelt. Das Bunte,
Vielfältige breitet sich aus und wehrt sich gegen jede Engführung und
Einfältigkeit.
So vielfältig wie das Grün sind auch die Menschen; da ist die kleine, runde
Frau voll Power, da ist der müde, grosse, ältere Mann mit dem traurigen
Blick, da ist das Purzelbaum schlagende Kind und die Rollbrett fahrende
Jugendliche, die Maturandin mit dem Buch in der Hand und der Pendler mit dem
Laptop.
Und wie ist das mit dem "duftenden" Bettler, der in die Bahnhofkirche kommt
und ein Gespräch sucht, der den kleinen Gesprächsraum mit seiner Duftnote
füllt? Und die Dame, die spricht und spricht und spricht? Finde ich das auch
noch so super und vielfältig froh, wie den grünbunten Wald?
Es gibt Momente und Begegnungen, da kommt meine Freude an der Vielfalt an
Grenzen. Achtung versuche ich allen Menschen in ihrer jeweiligen Lage
entgegenzubringen.
Eine indianische Redensart sagt: "Urteile nie über einen andern, bevor du
nicht einen Mond lang in seinen Mokassins gegangen bist."
Bei Johannes 14,2 können wir lesen: "In meines Vaters Haus sind viele
Wohnungen. Wenn's nicht so wäre, hätte ich dann zu euch gesagt: Ich gehe
hin, euch die Stätte zu bereiten?"
Das vielfarbige Grün kommt mir froh und frisch entgegen. Mit dieser Kraft
versuche ich auf Menschen zuzugehen.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
© Ökumenische Bahnhofkirche m Hauptbahnhof Zürich
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