Weg-Wort vom 22. August 2007
Gott ist auch traurig! (Psalm 116)
Über drei Monate hinweg ist sie jeden Tag in das Universitätsspital
gegangen, um ihre krebskranke Schwester zu besuchen. Nun ist sie gestorben.
Sie war erst 44 Jahre alt. Unendlich traurig sitzt sie vor mir und weint.
Warum? Diese Frage stellt sie mir immer wieder.
Es fällt dem Herrn schwer, wenn er sieht, dass seine Getreuen sterben! (Ps
116.15) Diesen Vers aus dem 116. Psalm lese ich ihr vor und verstärke: Gott
ist genau so traurig wie sie über den Tod ihrer Schwester!
Das Bild packt sie: Meinen sie wirklich, dass Gott jetzt an meiner Seite
ist in meiner Trauer? Ich antworte: Davon bin ich überzeugt! Ihre
Schwester war und ist bei ihm in guten Händen. Aber sie brauchen ihn jetzt
an ihrer Seite, um ihren Weg im Leben wieder gehen zu können!
Dann zitiere ich noch andere Stellen aus dem 116. Psalm: Ich liebe den
Herrn, denn er hat mich gehört, als ich aufschrie; er horcht immer zu mir
hin. Mein Leben lang kann ich ihn anrufen.
Ich war kraftlos geworden, doch
er hat mir geholfen. Nun will ich wieder ruhig sein. (Ps 116.1f und 6bf)
Dann erzählt sie mir von ihrer Schwester, was sie mit ihr erlebt hat, was
sie gemacht hat, was sie erreicht hat, wie sie Freude bereitet hat, wie
viele sie in guter Erinnerung behalten werden, wie fest sie Gott vertraut
hat auch in der letzten Stunde. Ein prall volles Leben, auch wenn es nur
etwas mehr als 44 Jahre gedauert hat.
Die Tränen kommen ab und zu noch, aber da ist auch wieder Kraft und manchmal
sogar ein Lachen ob einer besonderen Erinnerung. Lobt alle den Herrn! so
endet der 116. Psalm.
Mit freundlichen Grüssen
© Bahnhofkirche
Hauptbahnhof Zürich
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