Weg-Wort vom 14. März 2012
Aufsteller
Nach Aufstellern bin ich immer wieder auf der Suche. Und ich finde sie auch: Im Gespräch
mit Anderen, in der Natur, beim Schauen von Filmen, im Lesen der Zeitung und ganz
besonders beim Lesen von Büchern.
Meine Frau und ich lesen uns gerne vor, vor allem die Aufsteller, die Aufheiterer, die
Mutmacher, die wir gefunden haben. Wir mögen das, wenn wir kaum warten können, um dem
Anderen zu berichten oder vorzulesen, was uns Kraft und Mut gemacht, was uns befreit, was
uns aufgeheitert, ja gar zum Lachen gebracht hat.
Einen der mächtigsten Aufsteller, den ich in den letzten Jahren gelesen habe, möchte ich
Ihnen heute vorlegen. Christoph Schlingesief (1960 - 2010) hat ihn in seinem Buch "So
schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein. Tagebuch einer Krebserkrankung" 2009
geschrieben. Da heisst es:
"Am liebsten würde ich einfach allen, allen Menschen zurufen, wie toll es ist, auf
der Erde zu sein. Was einem da genommen wird, wenn man gehen muss. Ich wünsche mir so
sehr, dass die Leute begreifen, wie sehr es sich lohnt, sich um diese Erde zu kümmern.
Diese Pessimisten mit ihrem "Asche zu Asche, Staub zu Staub" können einem doch
gestohlen bleiben. Nein, diese Erde ist bis jetzt der einzige freie Ort im Universum, in
dem man gestalten und auch glücklich werden kann. Wenn die Menschheit verstehen würde,
dass man gestalten kann, dass man anpacken kann, dass man Frieden schaffen kann, dass
dieser Hass nichts bringt - dann wäre das hier eine Sensation, das Tollste, was man sich
überhaupt vorstellen kann. Auch Probleme sind wichtig, klar. Aber sie zu lösen, ist eben
die Freiheit, die man hat. Natürlich gibt’s Menschen, die nichts lösen können, weil ihnen
alle Macht und Freiheit genommen sind. Da muss man gegen angehen, das ist ja klar. Aber
die grösste Idee von Freiheit ist wahrscheinlich, dass man ein Problem lösen kann."
(Aus: Christoph Schlingensief, So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein. Tagebuch
einer Krebserkrankung © 2009 by Kiepenheuer & Witsch GmbH & CoKG)
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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