Weg-Wort vom 12. Juni 2008
Teilen
Gutes zu tun und mit andern zu teilen, vergesst es nicht; denn solche Opfer
gefallen Gott. Heb. 13,16
Hoch hielt der Pfarrer die Hostie und segnete sie, dann begann er sie zu
zerbrechen. Die Scheibe, kaum so gross wie eine CD musste für alle reichen,
nichts war sonst bereitge-stellt. Für die stattliche Zahl der Teilnehmenden
schien mir das zu viel zu wenig zu sein. Der Priester zerbrach die Scheibe
in vier Stücke, dann teilte er die Viertel wiederum weiter auf und so fort.
Und es reichte dann für alle und nichts blieb übrig.
Teilen so, dass es für alle reicht, dazu braucht es kein Wunder. Denn
eigentlich ist genug da.
Grosszügig zu sein und zu teilen entspricht unserem spontanen Drang andern
zu helfen. Doch es bringt uns auch der Befürchtung näher, dass nicht genug
für uns selber bleibt.
Das geschieht besonders dann, wenn wir durch unser Geben andere Menschen
stärken, ihnen wirklich helfen.
Dann kommt der eigene Machtanspruch zum Vorschein. Denn solange jemand von
uns empfängt, muss er oder sie sich dankbar erweisen. Menschen, die abhängig
sind, bestärken das Selbstbewusstsein des Gebers.
Wer aber wirklich teilt, bestärkt damit den Anderen. Er oder sie macht den
Empfangenden zum Partner. Dann ist es aber mit dem Gefühl, überlegen zu sein
vorbei.
Schwierig ist es auch dort zu geben, wo es keiner sieht, wo keiner dankbar
nickt. Für die Sparsamkeit am Opferstock, oder bei Sammelaktionen
entschuldigt man sich vor sich selbst. Dafür bezahle ich Steuern! Die
sollen doch auch einmal arbeiten! Da könnte ja jeder kommen! Nur beim
Teilen geht es nicht nur um den andern, sondern vor allem um uns selber.
Grosszügig sein macht die eigene Seele weiter und reicher.
Sind wir uns selbst nahe, gelingt es besser mitfühlend auf die Nöte anderer
zu reagieren. Dann geht es nicht mehr darum, für unsere gute Tat anerkannt
zu werden. Wir tun es, weil es nötig ist. Wer teilt und gibt ohne lange zu
überlegen, stellt überrascht fest, dass ihm oder ihr dadurch nichts entgeht.
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Hauptbahnhof Zürich
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Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann
In Teilzeit: Sr. Anna Affolter, Sr. Zoe Maria Isenring, Susanne Wey
Evangelisch-reformierte und Römisch-katholische Kirche