Weg-Wort vom 2. November 2007
Der Tod ist nicht das Letzte
In den ersten Novembertagen, besonders an Allerseelen, bzw. Allerheiligen
wird in katholischen Regionen der Verstorbenen gedacht, bei den Reformierten
am letzten Sonntag im November, am Ewigkeitssonntag. Dabei werden vielerorts
die Gräber besucht und im Gottesdienst die Namen der im vergangenen Jahr
Verstorbenen vorgelesen und für sie je eine Kerze angezündet.
Für viele Familien ist das oft die einzige Gelegenheit im Jahr, gemeinsam an
die verstorbenen Angehörigen zu denken ja überhaupt sich als Familie zu
treffen, wenn die einzelnen weit entfernt von einander wohnen. So tragen
immer wieder auch die Verstorbenen bei zum Zusammenhalt der Familien. Es ist
zudem eine Gelegenheit, Verwandte, alte Freunde und Bekannte aus vergangenen
Tagen wieder einmal zu sehen und sich mit ihnen auszutauschen.
Die Erinnerung an unsere Toten führt uns zusammen, verbindet und eint uns.
Der Tod unserer Angehörigen ist so zumindest für uns nicht das Letzte.
Sie leben weiter in unseren Herzen, lassen uns traurig zurück und sind uns
in vertrauter Verbundenheit oft auch Trost zugleich.
Die Erinnerung führt uns zudem immer wieder neu unsere eigene
Vergänglichkeit vor Augen. Im unausweichlichen Tod sind wir alle mit
einander verbunden. Er macht uns alle gleich ohne Unterschied, ohne
Ansehen der Person. Verschieden ist nur, wie wir mit ihm umgehen:
Jeder Grabbesuch zum Beispiel lässt mich intensiver am Leben teilnehmen. Das
Bewusstsein, jeder Tag könnte mein letzter sein, löst mich aus dem
Verhaftetsein im Vergangenen und aus den Erwartungen an die Zukunft. Es
hilft mir, zunehmend in der Gegenwart zu leben, mehr mich selber zu sein,
mich so anzunehmen wie ich bin.
Die Gedanken an meine Vergänglichkeit halten in mir aber stets auch die
Fragen wach: Lebe ich so, wie es heute meinem Wesen entspricht? Mache ich
das Beste aus meinen Fähigkeiten und Möglichkeiten, soweit ich es vermag?
Womit, bzw. mit wem lebe ich unversöhnt? Wo ist für mich Versöhnung
angezeigt?
Der Gedanke, dass meine verstorbenen Angehörigen in der Erfüllung ihrer
tiefsten Sehnsucht leben, gibt mir Trost und Kraft. Er lässt mich meine
eigene tiefe Sehnsucht spüren, bedingungslos angenommen, gehalten, geborgen
und geliebt zu sein und dass auch darum der Tod für mich nicht das Letzte
ist.
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Hauptbahnhof Zürich
Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann
In Teilzeit: Sr. Anna Affolter, Sr. Zoe Maria Isenring, Susanne Wey
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