Wegwort vom 5. Januar 2011
Versuch und Irrtum
Können Sie sich noch an Ihre Pubertät erinnern? An die Zeit, wo Sie die
verschiedensten Dinge ausprobiert haben? Sie haben mit Ihrem Aussehen
gespielt. Sie haben verschiedene Haltungen ausprobiert. Sie haben
Experimente mit Ihrem Verhalten gemacht. Können Sie sich noch daran
erinnern?
Die Pubertät ist keine einfache Zeit für Eltern und Jugendliche nicht.
Aber es ist eine spannende Zeit, eine Zeit, wo Weichen gestellt werden bei
den Jugendlichen und nicht selten auch bei Eltern.
Schade, dass danach so viele erwachsene Menschen die Freude an Versuch und
Irrtum im Leben verlieren. Sie haben dieses probate Mittel, etwas
auszuprobieren und es, wenn es sich bewährt, beizubehalten, und, wenn es
sich nicht bewährt, etwas Neues zu versuchen sie haben dieses praktische
Werkzeug aus ihrem Leben verbannt. Sie sind starr und dürr geworden. Und
wenn etwas ihr Leben aus der Bahn bringt, zerbrechen sie und wissen nicht
mehr weiter.
Nein, das möchte ich nicht erleben. Wir können authentische und verlässliche
Erwachsene sein, auch wenn wir immer wieder einmal nach dem Motto Versuch
und Irrtum leben. Das hält uns beweglich und jung. Das macht uns bereit,
auch mit schwierigen Situationen in unserem Leben fertig zu werden. Wir
bleiben kreativ und mutig, immer wieder Neues auszuprobieren.
In vielen Seelsorgegesprächen muss ich Menschen Mut machen, einmal andere
Wege, ein anderes Verhalten, ein anderes Tun und Lassen auszuprobieren. Das
gelingt aber meistens nur, wenn die Menschen sich solches Ausprobieren auch
gewohnt sind, wenn sie es nie verlernt haben.
Und, quasi ein Nebeneffekt: wer sich diese Lust an Versuch und Irrtum
behalten hat, der wird sich seine Jugendlichkeit bis ins hohe Alter
erhalten. Weg-Wort vom
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Hauptbahnhof Zürich
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Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann
In Teilzeit: Iris Daus, Rolf Diezi
Evangelisch-reformierte und Römisch-katholische Kirche
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