Das Weg-Wort - Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich!
Weg-Wort vom 7. September 2017
Würde
Wenn Würde und Selbstachtung uns verloren gehen, geraubt, gestohlen oder
sonst wie uns abhandenkommen, wer oder was gibt sie uns sie uns zurück?
Sabbat heisst das Zauberwort für uns. Uns Christen schenkt der Sonntag
etwas, was ich in meinem Aufwachsen schlecht gelernt habe: Nichts tun und
mich wohl dabei fühlen. Ich erinnere mich an meine Grossmutter, die ihren
Garten auf Knien besorgte, weil sie kaum noch gehen konnte. Sie kam sich
überflüssig und wertlos vor, wenn sie nicht etwas tun konnte. Ausruhen und
die Beine hochlegen kam für sie nicht in Frage. Sie fand ihren Selbstwert
nur in dem, was sie tat.
An einem Tag ruhen in der Woche, ist eine wunderbare Freiheit, die uns Gott
schenkt. Wir gewinnen ja nicht nur Abstand zum Alltag, wir bekommen im
Ausruhen auch einen Wert und eine Würde zugesprochen, die wichtig sind. Wir
sind es wert spätestens nach 6 Tagen Arbeit einen Tag zu ruhen.
Wir haben nicht nur als Arbeitstierchen, als moderne Arbeitssklaven, als
Nummern in Grossbetrieben oder als Schachfiguren politischer oder
wirtschaftspolitscher Entscheide einen Wert, sondern auch und vor allem
dann, wenn wir nichts tun.
"Wer rastet, der rostet." - So hat es früher geheissen. Unsere Gesellschaft
ist so rastlos und getrieben, dass wir es neu formulieren müssten: Wer nicht
rastet, läuft direkt in ein Burnout hinein. Unser Rasten dürfte jedoch nicht
abhängig sein von der Willkür irgendwelcher Wirtschaftsinteressen, sondern
eben regelmässig und gemeinsam.
Wenn ich an meine Grossmutter zurückdenke: Sie hätte es verdient sich als
wertvoll und mit Würde ausgestattet wahrzunehmen, gerade und besonders dann,
wenn sie nichts tat. Sie hätte es verdient, einmal ohne schlechtes Gewissen
die Hände in den Schoss zu legen.
Wir sind es wert zu rasten. Wer ausser Gott schenkt uns diese Freiheit?
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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