Eine Frau erzählt mir, wie sie ihren Ehemann nach einem Schlaganfall über mehrere Jahre zu
Hause gepflegt und betreut hat. Er konnte nicht mehr sprechen. Zur Fortbewegung war er auf
einen Rollstuhl angewiesen.
Diese Frau hat sich für ihren Mann verausgabt, kräftemäßig und finanziell.
In ihrem Freundeskreis stieß ihre Haltung auf Unverständnis:
«Warum verzichtest Du auf so vieles, wenn es keinen Sinn mehr hat?
Er wird ja doch nie mehr reden und laufen können.»
Ich finde, dass diese Frau mit dem, was sie getan hat, ihrem Mann und der Beziehung zu ihm
eine grosse Würde gegeben hat. Ich möchte ihr helfen, selbstbewusst zu ihrer Entscheidung
zu stehen. Ich erzähle ihr eine Episode aus dem Leben von Jesus:
Jesus ist mit seinen Jüngern in einem Haus zu Gast. Da kommt eine Frau zu ihm und
übergiesst ihn mit kostbarem Salböl. Die Jünger empören sich, weil sie finden, dass man
das Salböl verkaufen und mit dem Geld den Armen helfen sollte. Aber Jesus nimmt sie vor
den Angriffen in Schutz, weil er sieht, dass ihr Verhalten nicht Vergeudung ist sondern
ein Zeichen echter Liebe, Ehrerbietung und Wertschätzung.
Ich frage die Frau, ob sie bereue, so gehandelt zu haben. Sie antwortet:
«Nein, ich möchte diese schwierige Zeit auf keinen Fall missen. Es hat mich zwar an meine
Grenzen gebracht. Aber es war wunderbar, wie wir uns auch ohne Worte verstanden haben. Ich
musste ihn nur ansehen und wusste sofort, was er mir sagen wollte. Unsere Liebe zueinander
ist in diesen Jahren nochmals reicher, tiefer und intensiver geworden.»
Das Weg-Wort - Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich!
Weg-Wort vom 11. Januar 2017
Mit freundlichen Grüssen
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