Weg-Wort vom 3. November 2010
Wozu das ABC gut ist
Schon öfters haben mir Menschen in einem Gespräch gesagt: Wissen Sie, ich
bin nicht gerade besonders
gläubig. Aber an etwas muss ich mich ja auch halten können. Mir geht es gar
nicht gut. Da dachte ich ans Beten. Von Anderen höre ich immer wieder, dass
es ihnen hilft. Nur bei mir nützt es nichts. Ich weiss ja nicht mal, wie das
richtig geht mit dem Beten. Ich glaube, ich kann überhaupt nicht beten.
Muss man also erst lernen, richtig zu beten?
Die Erzählungen der Chassidim berichten von Begegnungen zwischen Menschen,
von ihrem Umgang miteinander und von ihren Glaubens-erfahrungen. In einer
ihrer Geschichten habe ich eine einfache Antwort auf die Frage nach dem
richtigen Beten gefunden:
Eines Abends spät merkte ein armer Bauer auf dem Heimweg vom Markt, dass er
sein Gebetbuch nicht bei sich hatte. Da ging mitten im Wald ein Rad seines
Karrens entzwei, und es betrübte ihn, dass dieser Tag vergehen sollte, ohne
dass er seine Gebete verrichtet hatte.
Also betete er: Ich habe etwas sehr Dummes getan, Herr. Ich bin heute früh
ohne mein Gebetbuch von zuhause fortgegangen, und mein Gedächtnis ist so
schlecht, dass ich kein einziges Gebet auswendig sprechen kann. Deshalb
werde ich dies tun: ich werde fünfmal langsam das ganze ABC aufsagen, und
du, der du alle Gebete kennst, kannst die Buchstaben zusammensetzen und
daraus die Gebete machen, an die ich mich nicht erinnern kann.
Und Gott sagte: Von allen Gebeten, die ich heute gehört habe, ist dieses
ohne Zweifel das beste, weil es aus einem einfachen und ehrlichen Herzen
kam.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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