Weg-Wort vom 7. September 2007
Gottes Wille ist besser als sein Ruf
Dein Wille geschehe, beten wir im Vaterunser/ Unservater. Wenn wir vom
Willen Gottes hören, verbinden wir damit selten etwas Erfreuliches. Der
Wille Gottes muss normalerweise herhalten, wenn es Menschen schlecht geht,
wenn ihnen schlimme Dinge zustossen.
Wenn zum Beispiel ein lieber Mensch stirbt, dann spricht man vom Willen
Gottes, den man annehmen soll. Es hat Gott dem Allmächtigen gefallen, so
heisst es bisweilen in Todesanzeigen. Dabei gibt es nach meiner Meinung
Todesfälle, die Gott ganz und gar nicht gefallen.
Gottes Willen wird gern mit Geboten und Verboten in Zusammenhang gebracht,
die wir anerkennen und halten sollen. Oder vielleicht haben wir gelernt,
dass Gott mit jedem Menschen einen individuellen Plan hat, in dem auch
manche dunkle, bittere Stunde enthalten sei. Es gereiche uns zum Glück, wenn
wir alles geduldig aus Gottes Hand annehmen und uns ihm vorbehaltlos
unterordnen.
Warum wird Gottes Willen äusserst selten mit etwas Erfreulichem in
Zusammenhang gebracht? Wenn wir in der Bibel lesen, dann hören wir manch
anderes über den Willen Gottes. Gott will die zerstreuten Menschen sammeln
und aus der Knechtschaft in ein Land führen voller Milch und Honig. Er will
ihre Tränen abtrocknen und sie zu einem Volk machen, von dem ein Segen
ausgeht, der Krankheit und Krieg vom Antlitz der Erde verbannt. Gott will
Leben in Fülle und das Aufblühen der Steppe, Ruhe den Mühseligen und
Freiheit für die Gefangenen, Leben als Fest. Das sind Verheissungen, die
besagen, dass Gottes Wille besser ist als sein Ruf.
Zum Schluss will ich Ihnen einen Text lesen, in dem Jesus von seiner Sendung
spricht, durch den er uns sogar etwas Lust an Gottes Willen wecken möchte:
Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe; damit
ich den Gefangenen Entlastung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit
ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe
(Lk 4,18b-19).
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